Schwarzweiß-Malerei und andere Kehrtwenden – die Fotonews der Woche 15/2023

Gleich zwei monochrome Kameras, Sonys beste Sensoren für alle, und Nikon krämt in Geheimnissen – nach Ostern blüht die Fotobranche auf.

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Linden- und Kirschblüten im Licht des Sonnenuntergangs

Die Frühlingsblüte - für Fotografen reizvoll, für Allergiker eine Plage.

(Bild: Nico Ernst)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Nico Ernst
Inhaltsverzeichnis

Sensoren mit 14 Bit Farbtiefe, 60 und mehr Megapixel, über ein Dutzend Blendenstufen Dynamik – warum sollte man sich da noch mit Schwarzweiß-Fotografie beschäftigen? Ganz einfach: Gerade, weil der Mensch Farben sehen kann, ist der Reiz des monochromen Bildes unverändert groß. Es reicht, eine beliebige anspruchsvolle Zeitschrift zur Hand zu nehmen. Selbst aufwendig gestaltete Werbung darin ist häufig noch schwarzweiß. Das Spiel mit Licht und Schatten, harte Kontraste, die Konzentration auf den Inhalt, all das ist nicht nur "retro", sondern ein Gestaltungsmittel. Auch im digitalen Feld, jeder Fotograf, der etwas auf sich hält, hat mindestens ein monochromes Porträt im Onlineportfolio.

c't Fotografie 3/24

Und während in der Zeit der analogen Fotografie schwarzweiß die billigere Alternative waren, weil die Filme weniger kosteten, ist das heute natürlich genau umgekehrt: Die Hersteller lassen sich die Kameras, die keine Farben können, teurer bezahlen als die bunten Pendants. Bei Nischenprodukten wird eben ein Liebhaberzuschlag erhoben.

In dieser Woche wurden gleich zwei entsprechende Modelle angekündigt: Zuerst die Pentax K-3 Mark III Monochrom, bei welcher der Body 2.500 Euro kostet. Die farbtaugliche K-3 kostet aktuell um 1700 Euro. Natürlich fragt man bei Leica generell lieber gar nicht nach dem Preis, dennoch sind 9450 Euro für die M11 Monochrom gegenüber den aktuell rund 8750 Euro für die M11 in Farbe schon spürbar. Immerhin: Dafür gibt es schnelles USB-C und auf 256 GByte vervierfachten internen Speicher.

Leica M11 (5 Bilder)

(Bild: Leica )

Dabei geht es – okay, bei Leica eigentlich immer – nicht nur darum, eine besondere Kamera zu haben. Es gibt einen tatsächlichen technischen Vorteil der Schwarzweißen: Da der Sensor keine Farbinformationen auslesen muss, kann man auf den üblichen Filter vor dem Halbleiter verzichten. Das bringt, so Leica, eine Blendenstufe mehr Dynamik. Und die Pentax hat, wie das Farbmodell, Funktionen für Astrofotografie – eben alles Werkzeug für spezielle Anwendungen. Und wer das mit bestehendem Gerät mal ausprobieren will, muss nicht mal Geld ausgeben, denn von vielen Schwarzweiß-Plug-ins gibt es kostenlose Testversionen. Wohl am einfachsten zu bedienen ist der Klassiker Silver Efex.

Zum Klassiker wird demnächst auch das Archiv der Webseite DPReview. Anders als vom Eigentümer Amazon ursprünglich geplant verschwinden die vielen Tests von Kameras, Objektiven und anderem nicht. Die Seite soll dauerhaft online bleiben, es erscheinen nur bald keine neuen Inhalte mehr. Die noch verbliebenen Mitarbeiter waren auch über den eigentlich als Endzeit geplanten 10. April 2023 hinaus noch fleißig, so gibt es auch einen ersten Kurztest mit Beispielbildern der Leica M11 Monochrom.

Pentax K-3 Mark III Monochrome im Überblick (4 Bilder)

Äußerlich gleicht die Monochrom dem farbsensitiven Schwestermodell. Sie unterscheidet sich nur anhand der Farben der Beschriftung (nun in Grau) und der Beleuchtung des Schulterdisplays (nun in Weiß).
(Bild: Ricoh Imaging)

So richtig neue Kameras dürfte es bald mit den Sensoren IMX366AJK (44 Megapixel) und IMX455AQK-C (61 Megapixel) von Sony Semiconductor geben. Beide sind in CMOS-Bauweise fürs Vollformat ausgeführt, der höher auflösende stammt wohl aus dem Flaggschiff Alpha 7R V. Sony macht sich dabei aber nicht etwa selbst Konkurrenz, das Unternehmen bietet seine Sensoren schon lange für andere Hersteller an. Und ein Blick in die Datenblätter zeigt, dass in den Bauteilen noch viel mehr Potenzial steckt, als die hauseigenen Kameras überhaupt ausreizen. Insbesondere bei Video, bis zu 8K-Auflösung und 12 Bit Farbtiefe bieten die Sensoren mehr als die bisherigen Kameras. Das könnten Hersteller wie Arri oder Red vielleicht nutzen, um daraus professionelles Filmgerät zu machen. Professionell auch im Preis, denn um solche Datenmengen zu verarbeiten, braucht es schnellere Prozessoren und Speichersysteme als in DSLMs.

Während die Absicht bei Sonys Vorstellung leicht einzuschätzen ist, gilt das nicht für Nikons nächste Geräte. Nur, dass es noch im April 2023 eine größere Ankündigung geben soll, ist aus allen Ecken und Enden der Gerüchteseiten zu hören. Von zwei Objektiven für Nikon Z wird ausgegangen, und, natürlich: der längst fälligen Z8. Schon im November 2022 gab es zu deren Spezifikationen etliche plausible Vermutungen, nachdem Nikon selbst gesagt hatte, dass der Sensor der Z9 auch in anderen Kameras verbaut werden soll.

Logisch ist eine Z8 vor allem deshalb, weil unterhalb des Topgeräts Z9 nur die Z7 II kommt, die etwa die Hälfte kostet. Zudem hat diese Kamera bald zweieinhalb Jahre Marktpräsenz auf dem Sucherbuckel, da wird es langsam Zeit für neue Funktionen. Ob Nikon aber einer mutmaßlichen Z8 auch die Software-Schmankerl der Z9 spendiert, bleibt spannend. Dazu gehört etwa der verlustfreie zweifache Digitalzoom für Videos, den der Hersteller erst per Update nachgerüstet hat.

Dass Nikon eine besondere Informationspolitik pflegt, war schon Anfang 2023 zu sehen, als auf der Messe CES im Januar zwei Objektive zwar ausgestellt wurden, es aber statt Preis und Termin nur ein "Coming Soon" gab. Fast genau vier Wochen später konnten sie dann bestellt werden. Aber das sind wohl die Spielchen, die Fotointeressierte inzwischen als "normal" zu akzeptieren haben.

Auch die Edelsten der Noblen sind da keine Ausnahme: Die eingangs erwähnte Leica M11 Monochrom wurde einen Tag nach der unbunten Pentax K-3 Mark III als verfügbar angekündigt, während die Pentax erst Ende April 2023 ausgeliefert werden soll. Dabei haben diese Kameras in Formfaktor, Systemeigenheiten und insbesondere dem Preis kaum etwas gemein. Machen wir es also genauso absurd, und zwar mit einem Autovergleich: Das ist, als ob jemand, der ein Tesla Model 3 will, stattdessen lieber den Porsche Taycan kaufen würde. Weil der zwei Wochen früher vor der Tür steht.

(keh)