Smart Meter: Noch keine Argumente, um Privatnutzer zu locken

Die flächendeckende Einführung von Smart Metern war das beherrschende Thema der Fachkonferenz der Energiebranche "Zählen, Messen, Prüfen". Endkunden waren nicht eingeladen, sind von den neuen digitalen Stromzählern jedoch auch erst mal nicht betroffen.

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Vom Rollout überrollt
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Von
  • Tim Gerber
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Zwei Tage lang diskutierten Fachleute der Energieversorger auf dem Kongress ZMP in Leipzig mit Vertretern von Behörden und Ministerien die Chancen und Risiken der Einführung von Smart Metern bei den Energieverbrauchern. Die soll 2017 beginnen. Besonders gebannt blickt die Branche auf das Energieministerium von Vizekanzler Sigmar Gabriel (SPD). Bis zur Mitte Juli beginnenden parlamentarischen Sommerpause soll die Behörde ein Verordnungspaket "Intelligente Netze" vorlegen, das aus insgesamt drei Regierungsverordnungen besteht.

Das Paket soll eine Messsystemverordnung umfassen, die technische Vorgaben regelt, einer Datenkommunikationsverordnung für den Datenschutz und einer "Rollout"-Verordnung, die den Zeitplan für den Einbau der intelligenten Zählsysteme vorschreibt. Die Branche fordert nun endlich Rechtssicherheit, nachdem sie schon so viel für die Einführung der intelligenten Netze getan habe, die Teil der geplanten Energiewende sind.

In der Tat mutet es gehörig nach Planwirtschaft an, wenn die Regierung der Wirtschaft bestimmte Ziele vorgibt. Die Akteure geben sich eher skeptisch und sehen den Schwarzen Peter bei der Ministerialbürokratie. Die müsse endlich die nötigen Verordnungen liefern. Gleichzeitig soll sie aber die zahllosen Wünsche der Netzbetreiber, Smart-Meter-Anbieter und Energieerzeuger berücksichtigen. Stichworte wie Kostenobergrenzen sind bei denen ausgesprochen unbeliebt und immer wieder Aufhänger für Diskussionen.

Anschlusskasten mit Smart-Metern und Gateway: Die Anbieter sehen sich für das geplante Rollout an die Energieverbraucher gut gerüstet.

Der Betrieb der intelligenten Messsysteme wird deutlich mehr kosten, als die klassischen Stromzähler – soviel ist sicher. Ob dem am Ende auch entsprechende Einsparungen auf Verbraucherseite entgegenstehen, ist indessen keineswegs gesichert. Für durchschnittliche Privathaushalte steht das eher in den Sternen – allerdings steht auch deren Umrüstung nicht auf der Agenda für die kommenden Jahre.

Laut Roadmap des zuständigen Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie (BMWi) sind ab 2017 zunächst die Großverbraucher mit mehr als 20.000 Kilowattstunden Verbrauch pro Jahr an der Reihe, sowie Stromerzeuger aus erneuerbaren Energien oder Kraft-Wärme-Kopplung mit einer Leistung von mehr als 7 Kilowatt. Ab 2019 sollen die Verbraucher zwischen 10.000 und 20.000 Kilowattstunden Jahresverbrauch folgen.

Zuletzt ab 2021 sind die Verbraucher mit mehr als 6000 Kilowattstunden dran. Das entspricht einer Monatsrechnung von derzeit etwa 150 Euro. Die meisten Privathaushalte dürften darunter liegen und für sie existiert noch kein Zeitplan für die Umrüstung auf intelligente Messsysteme.

Allerdings dürften die Netzbetreiber auch in Privathaushalten bei anstehendem turnusmäßigem Austausch intelligente Zähler statt der bisherigen elektromechanischen einbauen. Ein intelligentes Messsystem ist das aber noch nicht, denn die elektronischen Zähler müssen über ein Display auf klassische Weise abgelesen werden. Letzteres entfällt erst, wenn der Zähler mit einem so genannten Smart Meter Gateway (SMGW) verbunden wird. Darüber fließen dann die Verbrauchsdaten an den Gateway-Administrator, also in der Regel den Netzbetreiber. Für den Weg, den die Daten zum Administrator nehmen, gibt es mehrere Möglichkeiten, LTE und der Router des Kunden gehören zu den Favoriten.

Auf ihrem Stand demonstriert die Physikalisch-Technische-Bundesanstalt (PTB) rechtssicheres Auslesen der Zählerdaten über ein Gateway und einen PC mit dem Livesystem c't Meterix.

Dabei muss der Kunde die Möglichkeit haben, die Werte des Betreibers rechtssicher nachvollziehen zu können. Dafür auch die Gateways mit Displays auszurüsten, ist bei den Anbietern unbeliebt, weil teuer. Eine im Masseneinsatz kostengünstige Alternative bietet eine von der Physikalisch Technischen Bundesanstalt (PTB) zertifizierte Datenübermittlung per Internet. c't hat dafür ein sicheres Live-System für den Endkunden namens c't Meterix entwickelt. Es wurde auf der Konferenz vorgestellt und stieß auf reges Interesse bei den Versorgern.

Eine Komplett-Lösung ist das allerdings noch nicht, denn das System dient nur der zuverlässigen Darstellung der Daten für den Endkunden in einem Web-Browser. Die Server-Anwendungen, um die Daten dafür bereitzustellen, müssen die jeweiligen Gateway-Administratoren selbst noch entwickeln und zertifizieren lassen. Manche Gateways wie das auf dem Stand der PTB gezeigte (siehe Foto), haben selbst einen integrierten Webserver, auf den via Ethernet zugegriffen werden kann – mit c't Meterix ist das rechtssicher.

Ob diese Technik bei Endanwendern auf Nachfrage stoßen wird, ist allerdings derzeit mangels nützlicher Anwendungen fraglich. In einer Podiumsdiskussion auf der Konferenz wurde denn auch aus dem Auditorium gefragt, wie man denn nun den Endkunden die Smart Meter schmackhaft machen solle. Bisher habe das für ihn doch nur Nachteile, insbesondere Kosten. Die Expertenrunde antwortete ausweichend und etwas ratlos. Das werde sich noch entwickeln, hieß es – schließlich seinen laut einem Google-Manager 99 Prozent der möglichen Anwendungen im Netz noch nicht erfunden.

Siehe dazu auch:

(tig)