Spähsatellit: BND bleibt bei Spionage aus dem All vorläufig "blind"

Spätestens 2022 sollte der erste eigene Satellit des Bundesnachrichtendiensts hochauflösende Bilder liefern, doch der Start verzögert sich wohl bis 2025.

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(Bild: nitpicker/Shutterstock.com)

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Der Bundesnachrichtendienst (BND) bleibt bei der Erderkundung aus dem Weltraum zunächst auf kommerzielle Betreiber von Aufklärungssatelliten sowie ausländische Partnerdienste wie die National Geospatial Agency (NGA) in den USA angewiesen. Der Start des spätestens seit 2016 verfolgten "Geheimen Elektro-Optischen Reconnaissance System Germany" (Georg), das aus drei Satelliten zur weltweiten elektro-optischen Aufklärung bestehen soll, verzögert sich weiter. Ursprünglich sollten spätestens 2022 die Kameras des ersten Erdtrabanten des Trios hochauflösende Bilder liefern. Dann war 2024 im Gespräch. Nun erklärte ein Sprecher der Bundesregierung gegenüber WDR und NDR, dass der Auslandsgeheimdienst die Satelliten wohl erst 2025 ins Weltall schießen könne.

Für das Prestigeprojekt, das das Kanzleramt unter Angela Merkel (CDU) anschob, sei die erneute Verschiebung ein Rückschlag, schreiben die ARD-Sender. Mehr als 500 Millionen Euro soll der Bund bereits investiert und mit der Umsetzung das Bremer Raumfahrtunternehmen OHB beauftragt haben. Vor zwei Jahren soll BND-Chef Bruno Kahl von einer "Verzögerung auf Produktionsseite" gesprochen haben. Ende 2022 hieß es, die Aufklärungssatelliten sollten 2024 und 2025 mit Raketen des US-Konzerns SpaceX von Elon Musk in den Weltraum geschossen werden. Aus Regierungskreisen ist dem Bericht nach nur noch zu hören, es handle sich "um ein Vorhaben mit hoher Planungskomplexität".

Bislang verfügt in Deutschland nur die Bundeswehr über eigene Aufklärungssatelliten, die allerdings auf einer anderen Technik basieren. Mit den drei Radarsatelliten des Sarah-Systems der Streitkräfte, von denen der Erste im Juni 2022 mithilfe SpaceX ins All startete, können auch bei einer geschlossenen Wolkendecke hochauflösende Bilder generiert werden. Mit Georg soll der BND aber dank der optischen Erdtrabanten zumindest bei klarem Himmel noch präzisere Aufnahmen mit hoher Auflösung erhalten. Bisher gilt Frankreich als führend bei der elektro-optischen Datensammlung.

Optische Systeme können laut WDR und NDR etwa dabei helfen, militärische Aufklärungsziele präziser und detaillierter zu fotografieren. Ferner seien Geheimdienste damit imstande, bessere Lagebilder bei Naturkatastrophen wie Überschwemmungen oder Erdbeben oder von Auswirkungen von Pandemien zu erstellen. So sei aus dem All etwa zu beobachten gewesen, dass während Corona schon früh Parkplätze vor chinesischen Krankenhäusern ungewöhnlich voll gewesen und im Iran offenbar Massengräber angelegt worden seien. Der Bezug von Bildern aus anderen Quellen berge Risiken, da damit deutlich werde, für was sich Spione wo und wann interessieren. Aktuell steht der Auslandsgeheimdienst in der Kritik, weil er den Aufstand von Wagner-Chef Jewgeni Prigoschin in Russland verschlief.

Im BND selbst war das nach dem Schutzpatron der Behörde benannte Georg-System anfangs umstritten. Die Millionen sollte man besser nutzen, um die bestehenden technischen Überwachungssysteme auf den aktuellen Stand zu bringen, brachten Kritiker vor. Es gebe zudem mehr als genug Satellitenbilder auf dem Markt. Das Problem sei die korrekte Auswertung, wobei mittlerweile Künstliche Intelligenz (KI) helfen soll. Das Kanzleramt rechtfertigte das System unter anderem mit dem Verweis auf eine veränderte Sicherheitslage, der gestiegenen Bedrohung durch den internationalen Terrorismus sowie dem Wunsch, unabhängiger von Drittstaaten zu werden. Die aktuelle Bundesregierung misst dem Weltraum in ihrer Nationalen Sicherheitsstrategie "eine wachsende Bedeutung für unsere Sicherheit" zu. Sie will dort strategische Fähigkeiten ausbauen.

(mho)