Sparsamere Computer passen Rechenleistung an Nutzer-Wünsche an

"Empathische Computer", die ihre Rechenleistung an die Zufriedenheit ihres aktuellen Nutzers anpassen, sollen effizienter arbeiten.

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Das Empathic Systems Project einer Forschergruppe vom Prescience Lab der Northwestern University in Chicago untersucht einen neuartigen Ansatz für höhere Energieeffizienz oder längere Akkulaufzeiten bei Computern: Sie versuchen, die Rechenleistung an die Erwartungen der Nutzer anzupassen. Dabei arbeiten sie mit verschiedenen Methoden, die den jeweiligen Rechner in die Lage versetzen soll, die Zufriedenheit des Anwenders mit seiner aktuellen Performance einzuschätzen. Über zusätzliche Sensoren erfassen sie beispielsweise physiologische Parameter (PDF-Datei) wie den Hautwiderstand oder Augenbewegungen, bei einem einfacheren Konzept drücken die Anwender eine spezielle Funktionstaste, wenn sie den Rechner als zu langsam empfinden.

Die meisten aktuellen Systeme verändern im laufenden Betrieb Taktfrequenz und Betriebsspannung des Hauptprozessors zur Steigerung der Energieeffizienz; solche Verfahren sind als Dynamic Voltage and Frequency Scaling (DVFS) bekannt und einerseits in den Energieverwaltungsfunktionen von Betriebssystemen implementiert sowie andererseits bei Prozessoren (AMD Cool'n'Quiet, Intel Enhanced SpeedStep Technology), Mainboards und (ACPI-)BIOS. DVFS orientiert sich bisher – etwa bei Windows XP und Vista – größtenteils an der Auslastung des Prozessors: Verarbeitet er nur wenige Befehle pro Zeiteinheit, dann wählt das Betriebssystem einen "Performance State" (P-State), bei dem die CPU mit niedriger Taktfrequenz läuft und deshalb ihre Spannung mindern kann. Soll der Prozessor mehr leisten, dann muss er schneller takten, doch das funktioniert erst bei höherer Betriebsspannung stabil.

Per Physiological Traits-based Power Management (PTP) oder User-Driven Frequency Scaling (UDFS), so die Forschergruppe, passt sich der PC aber besser an die Erwartungen seines Benutzers an. Das haben sie in Experimenten mit 20 Testpersonen an einem älteren Laptop unter Windows XP herausgefunden (PowerPoint-Präsentation).

Zusätzlich tüftelt das Team um Peter A. Dinda auch an einer Software, die die kleinsten stabilen Betriebsspannungen für die diversen P-States individueller Prozessoren ermitteln soll. Je nach Fertigung laufen einzelne Prozessoren bei bestimmten Taktfrequenzen auch mit niedrigeren Spannungen stabil, als sie der Hersteller für den jeweiligen CPU-Typ spezifiziert; dieser Pegel hängt gleichzeitig auch von der aktuellen Prozessortemperatur ab. Übertakter nutzen dieses Verhalten ebenso aus wie Untertakter, die für ihren jeweiligen Prozessor manuell und experimentell einen besonders sparsamen Betriebspunkt suchen, bei dem die Performance ihren Anforderungen genügt. Unter dem Titel Process-Driven Voltage Scaling (PDVS) wollen die Forscher Software-Tools entwickeln, die Taktfrequenz-Spannungs-Temperaturprofile für den stabilen Betrieb von Prozessoren ermitteln.

Die Foscher kommen zu dem Ergebnis, dass sich die Leistungsaufnahme durch den Einsatz von UDFS und PDVS um "rund 50 Prozent" im Vergleich zum reinen Windows-XP-DVFS drosseln lässt. Ob damit die Leistungsaufnahme des Prozessors alleine oder des gesamten Rechners gemeint ist, bleibt allerdings unklar; je nach System ist der Hauptprozessor im zeitlichen Mittel nicht unbedingt der größte Einzelverbraucher, denn in Leerlaufphasen schalten die meisten Prozessoren von einem P-State ohnehin in sparsamere Schlafmodi um. Diese Umschaltung erfolgt innerhalb von Sekundenbruchteilen, im Extremfall schläft die CPU sogar zwischen einzelnen Tastendrucken bei der Eingabe von Texten kurz ein.

UDFS und PDVS können also bisher nur dann optimierend eingreifen, wenn der Prozessor tatsächlich rechnet, also in einem P-State läuft, was aber im zeitlichen Mittel bei manchen Nutzungsszenarien eher selten vorkommt. Doch grundsätzlich lässt sich auch das Performance-Potenzial weiterer PC-Komponenten an die vom Nutzer gerade gewünschte "Schwuppdizität" seines Systems anpassen. Auch andere adaptive Regelungen können die Energieeffizienz von Computern optimieren, etwa Sensoren für die Umgebungshelligkeit in (Notebook-)Displays, die wiederum die Backlight-Helligkeit steuern, oder Infrarotsensoren, die Monitore abschalten, wenn kein Nutzer davorsitzt. (ciw)