Standard-Patente: US-Berufungsgericht bestätigt Urteil gegen Google

In dem Patentstreit zwischen Microsoft und Google, in dem es um standardrelevante Patente der ehemaligen Google-Tochter Motorola Mobility geht, hat das Schadenersatzurteil gegen den Suchmaschinenbetreiber Bestand.

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Microsoft und Motorola

(Bild: dpa)

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Schlappe für Google im Patentstreit mit Microsoft: In dem langjährigen Rechtsstreit über standardrelevante Patente und deren Lizenzierung hat ein US-Berufungsgericht das Urteil und die Gebührenberechnung der Vorinstanz Ende vergangener Woche bestätigt. Wegen überhöhter Lizenzforderungen muss Google an Microsoft einen Schadensersatz in Höhe von 14,5 Millionen US-Dollar zahlen. Dem Suchmaschinenriesen stehen noch weitere Möglichkeiten der Berufung offen (Microsoft Corp. v. Motorola Mobility Inc., 14-35393, U.S. Court of Appeals for the Ninth Circuit, San Francisco).

In dem Verfahren geht es um Patente der ehemaligen Google-Tochter Motorola Mobility, die Teil von anerkannten Standards für Funknetze (WLAN) und Videokomprimierung (H.264) sind. Motorola hatte von Microsoft, das die Techniken in seinen Soft- und Hardwareprodukten einsetzt, Lizenzgebühren in Höhe von 2,25 Prozent des Produktpreises gefordert. Demnach hätte Microsoft jährlich etwa 4 Milliarden US-Dollar überweisen müssen.

Microsoft sah darin einen Verstoß gegen die industrieweit anerkannte Praxis, die den Lizenzgeber verpflichtet, Lizenzen für standardrelevante Patente zu angemessenen Bedingungen zu erteilen (FRAND: “fair, reasonable and non-discriminatory”). Der Windows-Konzern reichte 2010 Klage gegen Motorola wegen Verstoßes gegen diese Regeln ein. Motorola konterte mit dem Vorwurf der Patentverletzung und versuchte Verkaufsverbote für Geräte wie die Xbox durchzusetzen.

Während das in dem US-Verfahren nicht gelang, hatte Motorola vor dem Landgericht Mannheim mehr Glück. Die deutschen Richter erkannten eine Verletzung zweier H.264-Patente und erließen im Mai 2012 ein Vertriebsverbot für betroffene Produkte – darunter das Betriebssystem Windows 7, der Browser Internet Explorer und die Spielekonsole Xbox 360. Obwohl das inzwischen zu Google gehörende Motorola dieses Verbot auf Anordnung des Richters in dem US-Verfahren nicht durchsetzen durfte, hatte Microsoft seine Logistikzentrale vorsorglich aus Deutschland in die Niederlande verlegt.

In dem Aufsehen erregenden US-Verfahren kam der Richter schließlich zu einer deutlich anderen Bewertung als die Google-Tochter: Er legte die angemessenen jährlichen Lizenzgebühren für die strittigen Patente auf 1,8 Millionen US-Dollar fest. Die Geschworenen verurteilten Google schließlich zu 14,5 Millionen US-Dollar Schadensersatz unter anderem für den erzwungenen Umzug des europäischen Logistikzentrums.

Das war das erste Mal, das ein US-Bundesgericht über FRAND-Lizenzgebühren entschieden und ein Berechnungsverfahren vorgegeben hat. Mit der Bestätigung des Berufungsgerichts hat die Methode nun Präzedenzwirkung und gilt als Richtschnur für andere Bundesgerichte, die sie auch schon eingesetzt haben. Google bleibt nun noch die Möglichkeit, einen Antrag auf Prüfung der Entscheidung durch die große Kammer des Berufungsgerichts zu stellen oder der US Supreme Court. Beide Unternehmen äußerten sich gegenüber US-Medien nicht zu dem Urteil.

Google hatte das Verfahren mit der 2012 abgeschlossenen Übernahme von Motorola Mobility eingekauft. Inzwischen hat der Suchmaschinenriese, dessen Firmenmotto mal “Don’t be evil” lautete, den Handyhersteller an Lenovo weitergereicht, die meisten Patente aber behalten. Google hat sich mit der Entscheidung Motorolas, Standardpatente in den Anfang der 2010er Jahre wütenden Patentkriegen einzusetzen, nicht nur eine blutige Nase vor Gericht, sondern auch einen Rüffel der US-Wettbewerbsaufsicht eingehandelt. (vbr)