Steuerausfälle: Bundestag beschließt Meldepflicht für Plattform-Betreiber

Amazon, Airbnb, Uber & Co. müssen den Finanzbehörden künftig Daten über Einnahmen geben, die Dritte über die Portale machen. Dazu kommt ein EU-weiter Austausch.

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(Bild: Patrick Daxenbichler/Shutterstock.com)

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Der Bundestag hat mit der Mehrheit der Koalitionsfraktionen von SPD, Grünen und FDP den von der Bundesregierung vorgelegten Gesetzentwurf zur Umsetzung von EU-Richtlinien über die Zusammenarbeit der Verwaltungsbehörden im Bereich der Besteuerung und zur Modernisierung des Steuerverfahrensrechts mit einigen Änderungen beschlossen. Betreiber digitaler Plattformen werden damit verpflichtet, den Finanzbehörden Informationen über Einkünfte zu melden, die Drittanbieter über ihre Systeme erzielt haben.

Um auch ausländische Händler und Dienstleister zu erfassen, soll es zudem einen automatischen Austausch von Informationen zwischen den EU-Mitgliedsländern geben. Die Oppositionsfraktionen CDU/CSU und AfD stimmten gegen die Initiative, die Linke enthielt sich.

Die Regierung bemängelte in ihrem Entwurf, zu den Bereichen, in denen es bislang an steuerlicher Transparenz gefehlt habe, gehöre vor allem die "Plattform-Ökonomie". Zu den bekanntesten Beispielen zählten Portale, die eine Kurzzeitvermietung privaten Wohnraums ermöglichten, der Fahrdienstvermittlung dienten oder zum Verkauf von Waren genutzt würden. Im Visier hat der Gesetzgeber so aktuell vor allem Amazon, Airbnb und Uber.

Eine große Zahl von Personen und Unternehmen nutze digitale Plattform für Geschäftszwecke, ist der Vorlage zu entnehmen. Die gleich- und gesetzmäßige Besteuerung dieser Einnahmen stelle für die Finanzbehörden bisher jedoch eine Herausforderung dar. Es bestehe Grund zu der Annahme, dass die erzielten Einkünfte vielfach gegenüber den Finanzämtern gar nicht oder nur unvollständig erklärt würden.

Oft sei es für diese Behörden auch schwer, die Angaben zu verifizieren und unbekannte Steuerfälle zu ermitteln, monierte die Exekutive weiter. Von den Plattform-Betreibern könnten erforderliche Auskünfte regelmäßig nicht erlangt werden. Dies sei vor allem dann der Fall, wenn diese Unternehmen im Ausland säßen und die gebotenen Geschäftsoptionen von inländischen Steuerpflichtigen in Anspruch genommen würden.

Daher sollen die Betreiber digitaler Plattformen nun verpflichtet werden, an das Bundeszentralamt für Steuern Informationen zu melden, die eine Identifizierung der auf den Portalen aktiven Anbieter und die steuerliche Bewertung der von diesen durchgeführten Transaktionen ermöglichen. Meldepflichtig sind Geschäftstätige sowohl aus dem Inland als auch aus anderen EU-Staaten. Ferner überarbeitet der Gesetzgeber mit der Initiative die Vorgaben zur Durchführung steuerlicher Außenprüfungen. Diese sollen rascher erfolgen und beschleunigt werden.

Das Gesetz solle die Steuerpflichtigen und die Finanzverwaltung jeweils ausgewogen in die Pflicht nehmen, warben Vertreter der Ampel-Fraktionen bei der entscheidenden Sitzung des Finanzausschusses am Mittwoch für den Ansatz. Sie hätten sich daher auf einige Korrekturen an dem Regierungspapier geeinigt, um etwa die verschiedenen Betriebsgrößen besser zu berücksichtigen. Gerade kleine Unternehmen hätten sonst von vielen Regeln nicht profitiert. Daher habe man sich bei den qualifizierten Mitwirkungspflichten auf eine sechsmonatige Karenzzeit verständigt. Kooperative kleine Unternehmen – deren Betriebsprüfung nur sehr kurz dauere – würden so bessergestellt.

Die Fraktion der CDU/CSU kritisierte, dass der Entwurf bei den Maßnahmen zur Betriebsprüfung handwerklich falsch und praxisfern sei. Die vorgesehenen Maßnahmen zur Beschleunigung und Modernisierung stellten eine Bestrafung der Steuerpflichtigen dar und führten dazu, dass man sich vom Grundgedanken einer kooperativen Betriebsprüfung zwischen den Finanzbehörden und den Steuerpflichtigen weiter entferne.

Bei einer Anhörung im Oktober hatten Sachverständige das Vorhaben überwiegend begrüßt, aber zugleich Kritik an einigen Punkten vorgebracht. Der Kampf für mehr Steuergerechtigkeit erfordere mittlerweile auch internationale Schritte, betonte etwa die Deutsche Steuergewerkschaft. Aktuell sei mit einem jährlichen Steuerausfall beim europäischen Plattformhandel in Höhe von mehreren Milliarden Euro zu rechnen.

Das Netzwerk Steuergerechtigkeit lobte, dass die Finanzbehörden zusätzliche Informationen über die "Steueroase Internet" erhielten. Eine EU-einheitliche Datenqualität sei aber fraglich. Zwar würden die Betreiber verpflichtet, alle Steueridentifikationsnummern und Ansässigkeitsstaaten zu ermitteln. Vor allem große Anbieter würden sich das Land für die Datenübermittlung aber auch künftig wohl gezielt aussuchen und so Schlupflöcher nutzen.

Der Heidelberger Finanzrechtler Ekkehart Reimer kritisierte, es bleibe unklar, welche Arten von Plattform-Geschäften überhaupt den neuen Anzeige- und Meldepflichten unterliegen. So würden Crowdfunding-Geschäfte offenbar nicht erfasst. Offenbar bleibe auch der umfangreiche Handel mit wertvollen beweglichen Gegenständen wie Kfz, elektronischen Geräten, Kunstgegenständen, Briefmarken und Münzen sowie Dienstleistungen außen vor. Insgesamt werde ein "bürokratisches Monster" geschaffen.

(tiw)