Zwei Strompreiszonen für Deutschland: Studie sieht überwiegend Nachteile

Deutschland könnte in zwei Strompreiszonen aufgeteilt werden. Die bayerische Wirtschaft legt nun Argumente dagegen vor.

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Stromleitung in Bremen

(Bild: heise online / anw)

Lesezeit: 3 Min.

Deutschland in zwei Strompreiszonen aufzuteilen würde sich laut einer Studie der Beratungsfirma Prognos negativ auf die Wirtschaft auswirken. "Voraussetzung für den Erhalt der einheitlichen Zone ist allerdings, dass der Netzausbau zügig vorangetrieben wird", heißt es in der am Dienstag veröffentlichen Studie "Strommarktdesign für einen wettbewerbsfähigen Standort" (PDF), die die Vereinigung der Bayerischen Wirtschaft (vbw) beauftragt hatte.

Bisher ist in Deutschland für den Strompreis nicht entscheidend, wo dieser produziert wird. Solange die Kraftwerksbetreiber zur selben Zeit Strom anbieten, erzielen sie auch denselben Preis. In Fachkreisen wird seit einigen Jahren diskutiert, Deutschland in zwei Strompreiszonen aufzuteilen, weil die Energiewende zu einem Ungleichgewicht geführt hat: In Süddeutschland mit seinen großen Industriestandorten reicht die Stromproduktion nicht mehr, um den Bedarf zu decken, im Norden wird mehr Strom produziert als verbraucht.

Durch eine geografische Aufteilung des Marktes könnten Kosten für Engpassmanagement vermieden werden, heißt es in der Studie. Im Norden könnten die Strompreise sinken, im Süden steigen. Eine Teilung könne Kraftwerksbetreiber aber auch zum Bau von erneuerbaren Energieanlagen im Süden und Westen bewegen. "Bei genauer Analyse eines Strompreiszonensplits zeigt sich schnell, dass negative Auswirkungen überwiegen", sagte vbw-Hauptgeschäftsführer Bertram Brossardt.

Als eine solche negative Auswirkung führt die Studie auf, dass innerhalb der neuen Marktzonen jeweils weniger Strom gehandelt würde als vorher in der gesamtdeutschen Marktzone. Bei einer Aufteilung würde sich die Anzahl an Anbietern in den neu geschaffenen Marktzonen gegenüber der einheitlichen Marktzone verringern. Hierdurch könne es in den einzelnen Märkten zu marktbeherrschenden Stellungen einzelner Anbieter kommen.

Unabhängig davon, wo die Stromerzeuger oder -nachfrager ansässig sind, könne sich für die die Planungssicherheit verringern. Dabei geht Prognos davon aus, dass die Aufteilung der Marktzonen zunächst nicht optimal sein könne und neu vorgenommen werden müsste. Wenn durch neue Strompreiszonen die Strompreise im Norden und Osten sinken, könne dort die Akzeptanz für den Netzausbau nachlassen. Weiter geht Prognos davon aus, dass durch eine Marktaufteilung Verteilungsfragen aufkommen könnten.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder sprach sich im August 2023 vehement gegen Strompreiszonen aus. Süddeutschland als "industrielles Herz der Republik" werde gefährdet, wurde Söder zitiert. Neben den Strompreiszonen wird auch darüber nachgedacht, Netzentgelte vor allem für die Übertragungsnetze zwischen Nord und Süd gerechter aufzuteilen, wie es die Bundesnetzagentur ins Spiel gebracht hat.

Während die Prognos-Berater zu den Strompreiszonen Bedenken anmelden, sprechen sie sich für neue Anreize beim Bau von Gaskraftwerken aus. Diese seien notwendig, um den Ausstieg aus der Kohle zu bewältigen, heißt es in der Studie. Besonders Kraftwerke, die mit Wasserstoff betrieben werden, könnten in Zeiten von wenig Wind und Sonne wegen ihrer Flexibilität eine bedeutende Rolle spielen.

"Können Wind und Sonne nicht genug Energie erzeugen, müssen flexible Gaskraftwerke unsere Stromversorgung sichern", erläutert Brossardt. "Damit der Bau der Kraftwerke attraktiv wird, schlagen wir einen selektiven Kapazitätsmechanismus vor: Dieser entlohnt einerseits die Betreiber der Kraftwerke für ihre Stromerzeugung und andererseits erhalten sie Geld für ihre Funktion als Versicherer, weil sie Kapazitäten zur Stromerzeugung bereitstellen."

(anw)