TikTok: Nutzerwerbung für Osama bin Laden geht viral, Sperre gefordert

In einem neuen Trend auf TikTok berichten Menschen begeistert von einem Text des Terroristen Osama bin Laden. Die Plattform weist aufkommende Kritik zurück.

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TikTok auf Smartphone

(Bild: XanderSt/Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Nachdem Videos, die die Propaganda des islamistischen Terroristen Osama bin Laden bewerben, auf TikTok viral gegangen waren, hat die Plattform versichert, dass diese "eindeutig" gegen die Regeln verstoßen und "proaktiv sowie aggressiv" gelöscht würden. Gleichzeitig hat die Videoplattform darauf hingewiesen, dass es sich nur um eine kleine Zahl von Filmen gehandelt habe und Berichte über die weite Verbreitung nicht zutreffen würden.

Nachdem in den Videos auch immer auf eine Übersetzung von bin Ladens "Brief an Amerika" verwiesen wurde, die der britische Guardian vor mehr als 20 Jahren veröffentlicht hat, hat die Zeitung diese derweil gelöscht. Insgesamt waren Videos zum #lettertoamerica laut der Washington Post auf TikTok mehr als 15 Millionen Mal angesehen worden.

Ein Zusammenschnitt von Videos zeigt, dass verschiedene Nutzer und Nutzerinnen auf TikTok berichtet haben, dass sie den "Brief an Amerika" gelesen hätten und der ihren Blick auf die USA und die Welt verändert habe. In dem Text verteidigte der Terrorist etwa ein Jahr nach den Anschlägen vom 11. September seine Taten als legitimen Widerstand. Eine zentrale Rolle nimmt dabei der Konflikt in Israel ein; vor diesem Hintergrund erfolgte die jetzige Verbreitung. Zentraler Bestandteil sind antisemitische Verschwörungstheorien, laut denen Juden die Wirtschaft, die Medien und "alle Aspekte eures Lebens" kontrollieren.

Mit der Erklärung, dass Videos, in denen die Propagandaschrift beworben wird, eindeutig gegen die Nutzungsbedingungen verstoßen, hat TikTok auf einen Vorwurf der republikanischen Präsidentschaftskandidatin Nikki Haley reagiert. Diese erklärte auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter), die Ereignisse seien ein Paradebeispiel dafür, "wie unsere ausländischen Feinde die sozialen Medien vergiften, um ihre bösen Pläne voranzutreiben". Deshalb forderte sie ein Verbot von TikTok. In den USA ist diese Forderung nicht neu, in den vergangenen Monaten war sie allerdings seltener zu hören. TikTok wehrte sich dagegen und verwies darauf, dass solche Inhalte auf verschiedenen Plattformen aufgetaucht seien.

Daran, dass der Guardian die Übersetzung des Texts entfernt hat, gibt es derweil auch Kritik. Renée DiResta vom Stanford Internet Observatory bezeichnete das auf dem Kurznachrichtendienst Threads als "dumme Entscheidung". Seit langer Zeit öffentlich einsehbare "Wutausbrüche" eines Terroristen sollten nicht zu verbotenem Wissen gemacht werden, das Menschen unbedingt wiederentdecken wollen würden: "Lasst die Menschen die Forderungen des Mörders lesen – das ist der Mann, den einige Trottel auf TikTok verherrlichen wollen und ergänzt Kontext." Der Gründer und Anführer der islamistischen Terrororganisation al-Quaida war im Mai 2011 in Pakistan von US-Spezialkräften getötet worden

(mho)