US-Künstler "veröffentlichen" brennbare Leer-CD statt Musik

Offenbar als Affront gegen etablierte Plattenlabels gedacht wollen Danger Mouse und Sparklehorse statt ihrem ersten gemeinsamen Album "Dark Night of the Soul" ein "Begleitbuch" mit Fotos von David Lynch nebst CD-R verkaufen.

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Der US-Produzent Brian Burton alias DJ Danger Mouse, der 2004 mit seiner unlizenzierten Mischung des "White Albums" der Beatles mit dem "Black Album" des Rappers Jay-Z für Aufsehen und Ärger beim Label EMI sorgte, hat sich mit dem Musiker Mark Linkous und dessen Band Sparklehorse zusammengetan. Von ihrem ersten gemeinsamen Album "Dark Night of the Soul" wollen die beiden Künstler von Ende Mai an über eine eigene Projekt-Webseite nur das "Begleitbuch" für die Song-Zusammenstellung verkaufen, das mit Aufnahmen des Regisseurs David Lynch aufwartet. Beipacken wollen sie eine brennbare Leer-CD. Die Käufer des 50 US-Dollar teuren Bildbands sollen sich die Musik selbst aus dem Internet herunterladen.

Reinhören in die Platte können Surfer derzeit bereits auf der Online-Radioplattform NPR Music, die das Album nach eigenen Angaben nach einer mysteriösen Zusendung von Plattenpostern zugespielt bekommen hat. Für die zwölf Titel haben die Produzenten demnach mit jeweils unterschiedlichen Sängern zusammengearbeitet. Vertreten sind unter anderem Iggy Pop, Suzanne Vega, Julian Casablancas von den Strokes oder Nina Persson von den Cardigans. Den Titelsong singt Lynch persönlich.

Geld verdienen werden die Künstler zunächst allein über den Verkauf des angeblich auf 5000 Stück limitierten "Fotoalbums" und des Posters, die Songs selbst werden quasi als zusätzliche Drein- und Freigabe gehandhabt. Eine Plattenfirma wird nicht benötigt. Ob das Album überhaupt eines Tages den derzeit noch vielfach gängigen Weg als gepresste CD oder auf einem anderen Weg in den Handel findet, steht in den Sternen. Die Macher gehen davon aus, dass die Fans die zum Bildband gehörende Musik in Tauschbörsen finden, sich herunterladen und auf den CD-Rohling packen. Die Avantgarde-Band The Residents hatte vor drei Jahren ebenfalls leere CD-Rs herausgegeben, verlangte zum Download der Musik aber einen Freischalt-Code.

Noch ist unklar, ob die Produzenten musikalische Werke generell nicht mehr als verkäufliche Güter ansehen oder "nur" der traditionellen Musikindustrie eine Protestnote zukommen lassen wollen. Denkbar ist auch, dass es sich um einen reinen Marketing-Trick handelt. Ein Sprecher von Danger Mouse erklärte laut NPR zunächst allein, dass der Fotoband wegen "andauernder", nicht näher ausgeführter "Streitigkeiten mit EMI" jetzt mit einer Leer-CD erscheinen werde. Auf den Medienträgern soll der Hinweis stehen: "Aus rechtlichen Gründen enthält die CD-R keine Musik. Nutzung nach eigenem Ermessen."

EMI will derzeit zu dem Vorgang keine Stellung nehmen. Das Label hatte Burton nach der Veröffentlichung des "Grey Albums" abmahnen lassen. Im Mai 2005 erschien die Platte "Demon Days", an der Danger Mouse maßgeblich mitwirkte, aber just bei EMI. Inwieweit die Plattenfirma auch mit dem Gedanken spielte, "Dark Night of the Soul" herauszubringen und beide Seiten während der Zusammenarbeit erneut aneinandergerieten, ist derzeit noch nicht im Detail bekannt. Burton setzte 2006 mit großem Erfolg auf das Internet als Medium zum Direktvertrieb von Musik. Dabei schaffte es der Titel "Crazy", den der Produzent mit dem Sänger Cee-Lo Green als Duo "Gnarls Barkley" veröffentlichte, in Großbritannien erstmals allein über Online-Verkäufe an die Spitze der Charts. (Stefan Krempl) / (anw)