US-Regulierer: Neuer Anlauf für Netzneutralität im Februar

Auf der CES ließ sich US-Regulierungschef Tom Wheeler in die Karten blicken. Sein Vorschlag für Regeln zu Netzneutralität kommt im Februar.

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Gefüllter Saal

Das Interesse an Wheelers Gespräch auf der CES war enorm. Schon lange vor Beginn waren alle Plätze besetzt.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

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Inhaltsverzeichnis

Am 5. Februar wird Tom Wheeler, Vorsitzender der US-Regulierungsbehörde FCC, seinen Vorschlag für ein Regelwerk über Netzneutralität an die anderen FCC-Kommissionsmitglieder verteilen. Am 26. Februar sollen sie dann darüber abstimmen. Das hat Wheeler in einem öffentlichen Gespräch mit CEA-Präsident Gary Shapiro auf der CES mitgeteilt. Es wird wohl ein Rahmen sein, welcher der FCC viel Flexibilität im Einzelfall erlaubt.

FCC-Chairman Tom Wheeler auf der CES: "No blocking, no throttling, no paid prioritization."

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Bereits 2010 hatte die FCC diese sogenannte Open Internet Order erlassen. Dieses Regelwerk sah unter anderem vor, dass Netzwerkmanagement nach dem im US-Recht geläufigen Maßstab von "just and reasonable" (etwa: gerecht und vernünftig) beurteilt werden müssten. Die Order wurde zu weiten Teilen gerichtlich aufgehoben. Aber nicht aus inhaltlichen Gründen, sondern weil sich die FCC auf die falsche Rechtsgrundlage berufen hatte.

Der neue FCC-Vorsitzende Wheeler wollte die weitgehend gleichen Regeln mit der korrekten Rechtsgrundlage neu beschließen. "In dem Verfahren hat sich herausgestellt, dass der Test auf just and reasonable nur auf just and reasonable aus Sicht der Netzbetreiber abstellte, nicht aus Sicht der Verbraucher", sagte Wheeler am Mittwoch. Sein neuer Vorschlag wird also eine ganzheitlichere Betrachtungsweise für just and reasonable anstreben.

Netzneutralität

Netzneutralität bedeutet, dass Inhalte im Internet gleichberechtigt ihren Weg finden. Vor allem Provider und Carrier wollen aber beispielsweise für Videos extra zu bezahlende Überholspuren einbauen. Für User entstünde ohne Netzneutralität ein Zweiklassen-Internet.

"Wir werden Regeln vorschlagen, die keine Websperren, keine Tempobremsen und keine bezahlte Priorisierung zulassen", umriss der Reguerlungschef seine Grundsätze, "Ich hoffe, dass (das) der Goldstandard der Internetregulierung wird." Unbezahlte Priorisierung wäre damit also nicht ausgeschlossen.

CEA-Präsident Gary Shapiro wollte wissen, ob nicht doch bestimmte Datenströme, etwa solche von medizinischem Belang, bevorzugt werden sollten. Wheeler blieb ausdrücklich allgemein: "Es gibt Fälle, in denen Priorisierung sehr viel Sinn ergibt. In vielen anderen Fällen könnte man kommen und sich eine bessere Position erkaufen, weil man viel Geld hat – das werden wir mit Argwohn beurteilen."

Wie es aussieht, werden die Regeln allgemein bleiben, so dass die FCC jeden Beschwerdefall separat beurteilen wird. Das könnte zu einer Vielzahl kasuistischer Entscheidungen führen, aus denen sich mit der Zeit ein detaillierterer Rechtsrahmen herausbildet.

Wheeler, früher im Venture-Capital-Geschäft tätig, möchte mit den neuen Regeln zwei Dinge erreichen: "Zuerst müssen Sie Innovationen absichern, indem es offenen Zugang zu den Netzen gibt, auch für (Diensteanbieter ohne eigenes Netz)", gleichzeitig brauche es "ausreichenden Anreiz für die Netzbetreiber, zu investieren und bessere Netze zu bauen."

Zwar hätten 80 Prozent der US-Bürger Zugang zu mindestens 25 Mbit/s im Downstream und 3 Mbit/s im Upload. Aber drei Viertel davon hätten nur einen einzigen Anbieter zur "Auswahl". Stärkerer Wettbewerb sei daher enorm wichtig.

Trotz vieler humorvoller Momente passte CEA-Präsident Gary Shapiro (links) genau auf, wenn Wheeler sprach.

(Bild: Daniel AJ Sokolov)

Breitbandinternetanbieter sind in den USA bisher weitgehend von der Telecomregulierung ausgenommen. Diese Ausnahmen beabsichtigt Wheeler teilweise aufzuheben. Das wurde ihm von jenem Gericht nahegelegt, das die 2010 erlassenen Bestimmungen aufgehoben hat. Und auch US-Präsident Obama hat sich für diesen Weg ausgesprochen.

Bestimmte Regulierungsmaßnahmen hat Wheeler am Mittwoch allerdings ausdrücklich ausgeschlossen. Beispielsweise wird es zu keiner Genehmigungspflicht für Tarife und Netzinvestitionen kommen. (Anmerkung für Eingeweihte: Title II und Section 706 ja, aber nicht die Abschnitte 201, 202 und 208.)

Umstritten ist, ob die FCC die Breitbanddienste der Mobilfunker in gleicher Weise regulieren kann. Egal, wie die Regeln im Details ausfallen werden: Das republikanisch dominierte Parlament könnte versuchen, sie per Gesetz aufzuheben oder der FCC den Geldhahn abzudrehen. Und Netzbetreiber werden sowieso wieder vor Gericht ziehen. (ds)