Viacom vs. YouTube: Berufungsgericht läutet neue Runde ein

Ein Gericht hat im Verfahren Viacom gegen YouTube eine neue Runde eingeläutet: Das Urteil der ersten Instanz wird zwar inhaltlich in großen Zügen unterstützt, trotzdem wurde die Entscheidung aufgehoben.

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Ein New Yorker Berufungsgerichts hat im Verfahren Viacom gegen YouTube eine neue Runde eingeläutet (PDF). Das Urteil der ersten Instanz wird damit zwar inhaltlich in großen Zügen unterstützt, trotzdem wurde die Entscheidung aufgehoben. Das Bezirksgericht soll einige Details klären und dann neu entscheiden.

Viacom, die englische Premier League und zahlreiche weitere Rechteinhaber werfen YouTube Urheberrechtsverletzung vor. Knapp 69.000 Videos werden angeführt. Die Kläger verlangen Schadenersatz und Strafzahlungen in Milliardenhöhe. Sie möchten, dass die Schutzbestimmungen des Digital Millennium Copyright Acts (DMCA) nicht angewandt werden. Vor der Übernahme YouTubes durch Google dürfte mehr als die Hälfte der Videos fremde Rechte verletzt haben. 2010 hatte ein New Yorker Bezirksgericht die Klage abgewiesen, muss sich nun aber erneut mit dem Fall befassen.

Der DMCA schützt Provider, wenn sie gewisse Formalitäten erfüllen und ihnen als rechtswidrig bekanntes Material rasch entfernen. Ausgenommen von dem Schutz sind zudem Inhalte, die vom Provider selbst bereitgestellt werden. Das Berufungsgericht bestätigt, dass der DMCA-Schutz auch dann besteht, wenn allgemeines Wissen über Rechtsverletzungen vorliegt. Nur wenn sich solches Wissen auf konkrete Inhalte bezieht, müssen diese entfernt werden.

Aus YouTubes E-Mail-Archiv könnte eine Jury möglicher Weise ableiten, dass die Manager konkretes Wissen über einer Handvoll rechtswidriger Videos hatten. Das Bezirksgericht muss nun herausfinden, ob diese Videos überhaupt Teil der 69.000 inkriminierten Filmchen sind. Ist das gegeben, wäre unter anderem zu klären, wie schnell diese entfernt wurden.

Zweitens ist zu klären, ob YouTube bewusst weggesehen hat ("willful blindness"); dies aber nicht allgemein, sondern wiederum nur in Bezug auf konkrete Videoclips. Dabei dürfte vor allem um Fälle gehen, in denen ein Rechteinhaber formal fehlerhaft die Sperre eines Videos verlangt hat. Trotz Formfehlern hätte YouTube dann über eine bestimmte Datei Bescheid gewusst und hätte handeln müssen, meint das Berufungsgericht.

Drittens soll das Bezirksgericht untersuchen, ob die Kläger genügend Beweise erbracht haben, die eine Jury zu der Ansicht bringen könnten, dass YouTube hinsichtlich der 69.000 Clips das Recht und die Fähigkeit zur Kontrolle der Nutzer hatte und außerdem von rechtsverletzenden Handlungen direkt finanziell profitiert hat. Hier konnte sich das Berufungsgericht weder für die Rechtsansichten der beteiligten Parteien noch jener des Erstgerichts erwärmen. In einem Präzedenzfall hatte ein Provider den Nutzern detaillierte Anweisungen hinsichtlich Gestaltung und Inhalt gegeben, bestimmte Inhalte verboten und unfolgsame User ausgesperrt.

Schließlich ist offen, ob die Sublizenzierung von Videos an Dritte noch den ursprünglichen Uploadern zuzurechnen ist oder ob dies nicht einer Bereitstellung durch YouTube selbst gleich kommt. In letzterem Fall könnte YouTube haftbar sein. Das Videoportal hatte ausgewählte Videos für die Darstellung auf mobilen Geräten aufbereitet und zum Beispiel an den Mobilfunker Verizon Wireless lizenziert. Aber nur wenn dabei auch Videos aus den gegenständlichen 69.000 waren, ist diese Rechtsfrage überhaupt zu beantworten.

Die beteiligten Parteien können nun beim Supreme Court die Aufhebung des Urteils der Berufungsrichter bekämpfen oder sich auf das Verfahren beim Bezirksgericht einlassen. Dieses würde dann durch Einzelrichter oder aber ein aufwendiges Jury-Verfahren entscheiden – je nachdem, was die aufgetragenen Erkundungen ergeben. (keh)