Vor 20 Jahren: Die Smartphone-Ära beginnt mit großem Communicator

Vor 20 Jahren begann Nokia mit der Auslieferung des Communicator 9000. Mit seinen vielfältigen Funktionen war er seiner Zeit voraus.

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Vor 20 Jahren: Die Smartphone-Ära beginnt mit großem Communicator

(Bild: dpa, Nokia/dpa)

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Von
  • Detlef Borchers
Inhaltsverzeichnis

"Er ist das welterste All-in-One Kommunikationsgerät, das digitale Sprach- und Datendienste, Internet, Kurznachrichten, e-Mail, Fax und dazu alle Funktionen eines persönlichen Organizers in einer einzigen Einheit bietet." Mit diesen Worten stellte Nokia auf der CeBIT 1996 den Journalisten ein Gerät vor, das "Communicator 9000" genannt wurde. Mitte August begann die Auslieferung des 2700 DM teuren Communicator. Er wurde lange vor dem Debüt von Blackberry bei Nutzern beliebt, die nicht mit zwei Geräten wie dem Mobiltelefon und einem PIM wie dem damals populären Psion 3 hantieren wollte.

Das 397 Gramm schwere und recht dicke Gerät war eine Mischung aus einem Nokia-Handy an der Oberseite mit einem Intel-basierenden (i386 mit 24 MHz) Organizer im aufgeklapptem Zustand. Als Betriebssystem des Organizers kam Geos 3.0 zum Einsatz, das mitsamt den All-in-One-Anwendungen 6 MB des insgesamt 8 MB großen Speichers belegte. Nokia hatte zwar mit dem MikroMikko Erfahrungen im Computerbau, musste aber bei dem Dickerchen neue Wege einschlagen.

Erst mit dem 1999 präsentierten Nachfolgemodell 9110 gelang die Verschlankung, die entscheidend zum Erfolg der Communicator-Serie bei Geschäftsleuten beitrug. Dabei stand bei den beiden ersten Communicator-Handys weniger die Internet-Nutzung im Vordergrund, denn die Fähigkeit, mit Büro-Anwendungen arbeiten und mit dem Büro in Kontakt bleiben zu können. Communicator-Nutzer der ersten Stunde erinnern sich heute noch an mobile Telefonkonferenzen, bei dem das Gerät auf dem Bauch lag und der kräftige Lautsprecher mit der Freisprechfunktion den Raum beschallte.

Der erste Communicator war von Nokia hastig entwickelt worden, weil Gerüchte die Runde machten, dass Ericsson und Psion ein solches Gerät entwickelten. Dieser Ericsson MC128 Communicator erschien jedoch erst im Jahre 1999 und erwies sich als Fehlschlag. Mit dem Communicator 9210 hatte Nokia da bereits den ersten Communicator im Programm, der mit dem gemeinsam mit Psion entwickelten Betriebssytem Symbian und einem Farbbildschirm erfolgreich den Business-Markt abdecken konnte.

Dies war für das Nokia-Image als Innovationsführer mit dem größten Forschungsetat enorm wichtig, weniger für das Geschäft: Vom ersten Communicator 9000 verkaufte Nokia ganze 361.000 Stück, während das Erfolgsmodell Nokia 1610 im gleichen Jahr auf 5,6 Millionen Exemplare kam.

Das Internet, wie es für Smartphones von heute unabdingbar ist, spielte erst in den Planungen von Nokia ab 1999 eine wichtige Rolle. Da stellte man in Cannes das erste WAP-fähige Mobiltelefon auf dem GSM-Kongress vor 3000 Menschen vor – und sah staunend zu, dass sich kurz danach eine halbe Million Nutzer auf der Website von Nokia einloggten, um das erste Internet-Handy zu bestaunen. Aus dem Hearphone wurde das Viewphone, wie es Nokia in der Werbung beschrieb.

Den Technikern und Designern von Nokia war klar, dass da ein riesiger Markt im Kommen war, zumal mit UMTS die Geschwindigkeiten möglich wurden, die volles Internet ganz ohne WAP-reduzierte Websites ermöglichten. Frank Nuovo, der führende Nokia-Designer, der schon den Communicator 9000 entworfen hatte, entwarf nach eigener Aussage lange vor Apple das erste Tablet und das erste Smartphone für jedermann, mit Kamera-Funktion und in ausgesprochen seifiger Form.

Nokia Communicator (4 Bilder)

So stellte sich Nokia den Einsatz des Communicators vor
(Bild: Nokia)

Im Projekt Maypole ließ man Kinder mit den Prototypen spielen – und war verstört, als diese "Selfies" machten, wie es heute heißt. Die Geräte als Kamera-Ersatz seien dem Ruf der Firma nicht würdig, beschied das Management um Jorma Ollila. Für die Massenproduktion sollten einfache Geräte auf den Markt kommen, für den Geschäftsmann wurde die E-Serie entwickelt. Mit Blackberry hatte Nokia starke Konkurrenz in diesem Business-Sektor bekommen und reagierte mit dem E61 auf diesen Trend.

In der Werbung war die Rede davon, dass das Gerät "in einem neuen, unverwechselbaren Design kommt und es ermöglicht, Unternehmen aller Größen ihre Geschäftsprozesse zu mobilisieren". Als das E61 verspätet vor zehn Jahren erschien, werkelte Apple längst am TriPod, aus dem dann das iPhone wurde. Das erste Smartphone im heutigen Sinne traf Nokia schwer: Das iPhone halbierte Nokias Umsätze von 7,2 Milliarden auf 3,9 Milliarden Euro.

150 Jahre Nokia (22 Bilder)

Erstes Logo

Am Anfang war Papier: Gegründet wurde das Unternehmen 1865 als Papiermühle, ein paar Jahre später dann die Umfirmierung als Nokia Aktiengesellschaft.
(Bild: Nokia)

(kbe)