WIPO kommt mit Urheberrechtsausnahmen für Blinde dem Ziel näher

Der fürs Urheberrecht zuständige Ausschuss der World Intellectual Property Organisation hat der WIPO-Generalversammlung einen neuen Entwurf für eine internationale Ausnahmeregelung für Blinde und Sehbehinderte vorgeschlagen.

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  • Monika Ermert

Der fürs Urheberrecht zuständige Ausschuss der World Intellectual Property Organisation (WIPO) hat der WIPO-Generalversammlung einen neuen Entwurf (PDF-Datei) für eine internationale Ausnahmeregelung für Blinde und Sehbehinderte vorgeschlagen (PDF-Datei). Eine außerordentliche Generalversammlung soll bis zum 18. Dezember grünes Licht für die notwendige Vertragskonferenz geben. Michele Woods, Director Copyright Law Division der WIPO, interpretierte die Entscheidung gegenüber heise online als klares Bekenntnis der Mitgliedstaaten für Urheberrechtsausnahmen. Nun sei es kaum noch realistisch, dass statt eines für alle Mitglieder verbindlichen völkerrechtlichen Vertrages eine schlichte Empfehlung ausgesprochen werde.

Die Ausnahmeregelung sieht vor, dass künftig eigens dafür autorisierten Organisationen wie Bibliotheken erlaubt werden soll, für Blinde zugängliche Versionen von legal erworbenen Werken herzustellen, und zwar ohne Zustimmung der Rechteinhaber. Solche Kopien sollen auch exportiert und importiert werden können. Für Betroffenen-Verbände in den Industrieländern steht dabei das Recht im Mittelpunkt, ein Buch am selben Tag und zum selben Preis wie jeder andere bekommen zu können. Der Europäische und Weltblindenverband (WBU) sprechen von einer Büchernot, weil der Markt auf den Bedarf nicht reagiert. Aus Sicht der Entwicklungsländer ist der länderübergreifende Austausch etwa unter Bibliotheken oder Initiativen wichtig.

Die Industrieländer fordern in einem der noch offenen Hauptstreitpunkte, dass ein Werk nur dann für die Behinderten zugänglich gemacht werden darf, wenn es nicht kommerziell erhältlich ist. Das sei aber weder in den USA noch in Europa bislang Bestandteil nationaler Urheberrechtsausnahmen, empört sich der ehemalige EU-Parlamentarier David Hammerstein, der den Trans-Atlantic Consumer Dialogue in den WIPO-Verhandlungen vertritt. "Das ist ein klarer Fall von Regulierungsshopping, bei dem durch die Hintertür internationaler Vereinbarungen rechtliche Beschränkungen eingebracht werden, die national nicht durchgesetzt werden könnten."

Hammerstein kritisiert überdies die EU dafür, dass sie sich trotz vieler Erklärungen nicht letztgültig auf die Seite derjenigen gestellt habe, die für einen verbindlichen Völkerrechtsvertrag plädieren. "In drei Jahren hat die EU nicht einen einzigen Vorschlag gemacht, der den Zugang für Blinde verbessert", wettert Hammerstein. Einige Organisationen befürchten, dass die reichen Länder einen Vertrag weiter verschleppen könnten. "Ich bin enttäuscht", sagte James Love, Direktor der Aktivistenorganisation Knowledge Ecology International, "dass sich die US-Regierung immer noch nicht auf einen Vertrag festgelegt hat, obwohl sie doch all ihre roten Linien durchsetzen und Passagen aus dem Entwurfstext streichen lassen konnte." Unter anderem wurde während der jüngsten Verhandlungen vereinbart, dass Taube nicht von den Urheberrechtsausnahmen profitieren sollen. (anw)