Wahl zur Internet-Verwaltung: "I can!" - Wer kann denn nun?

Nächste Woche schon schließt das Nominierungskommittee der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers seine Kandidatensuche für die weltweite Wahl von Vertretern der Internet-Nutzer ins ICANN-Board ab.

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Von
  • Monika Ermert

Nächste Woche schon schließt das Nominierungskommittee der Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) seine Kandidatensuche für die weltweite Wahl von Vertretern der Internet-Nutzer ins ICANN-Board ab. Dann ist noch einen Monat lang der Ring freigegeben: Jedes ICANN-Mitglied kann Kandidaten für seine Region vorschlagen und je einen auch unterstützen.

"Wo sind denn nun die deutschen Kandidaten?", fragen sich inzwischen selbst deutsche Politikerinnen, aber vor allem auch diejenigen, die über die "I can!"-Kampagne auf die Wahl aufmerksam geworden sind und eventuell sogar einen Kandidatenvorschlag gemacht haben. Und nicht zuletzt die Auserwählten, die einen Anruf von Spiegel Online erhalten haben, ob sie für den vergleichsweise undankbaren Job zur Verfügung stehen, werden sich allmählich fragen, wie das denn nun weitergeht.

Während die Spiegel-Redaktion aber noch auf ihrer anhand der "I can!"-Befragung erstellten Kandidatenliste sitzt, kursieren die darauf befindlichen Namen schon einmal unter der Hand: Internet-Provider und .com-Verkäufer Siegfried Langenbach hat, wie er selbst sagt, bereits seine Bereitschaft signalisiert. Chaos-Computer-Club-Gründungsmitglied Andy Müller-Maguhn fehle es an der Finanzierung, befürchten Eingeweihte. E-Wahl-Verfechter Prof. Dieter Otten könnte ein Aspirant für die von der Telekom geförderte Kandidatur sein. ICANN-Studienkreis-Initiator Wolfgang Kleinwächter sei dagegen schon abgeschlagen, blubbert es in der Gerüchteküche.

Der berechtigterweise ICANN-krititsche Spiegel sieht sich nun angesichts dieser Kandidatenkür-Misere selbst Kritik ausgesetzt und muss sich von den Skeptikern fragen lassen, ob er selbst schon den häufig bemängelten Mustern der DNS-Reformer verfallen ist. "Der Prozess droht doch genauso intransparent zu verlaufen, wie die Besetzung des ersten ICANN-Boards", fürchtet der Schweizer Politikwissenschaftler Marc Holitscher. Jeanette Hoffmann vom Wissenschaftszentrum Berlin fordert, dass auch die Finanzierungsfrage offener geklärt wird. "Es sollte einen gemeinsamen Topf geben, der von einer neutralen Instanz verwaltet wird, um Kandidaten zu unterstützen", sagt die ICANN-Kennerin. Sie ist im Übrigen auch verwundert, dass auf der deutschen Kandidatenliste gerade sieben Namen stehen sollen, denn das entspricht, nach den Beschlüssen in Yokohama, dem gesamten Europakontingent. "Man hätte ja auch an andere europäische Kandidaten und Kandidatinnen denken können", sagt sie.

Die Beschränkung der Kandidatenzahl auf sieben für jede der fünf Wahlregionen durch die bisherigen ICANN-Direktoren dürfte noch für viel Kritik sorgen. "Absolut unüblich", kommentiert Holitscher die Vorgehensweise, Kandidaten, die die notwendigen Bedingungen mitbringen, schon in einem Vorverfahren auszuschliessen. ICANN-Finanzchef Andrew McLaughlin hatte dies in Yokohama mit fehlenden personellen Kapazitäten im ICANN-Büro begründet.

Aber nicht nur für die Kandidaten heisst es im Zweifel eher "I cannot". Noch mehr in Frage gestellt wird die Legitimation der Wahl nämlich durch Performance-Probleme der At-large-Registrier-Seite, auf der sich Interessierte als Mitglieder der ICANN eintragen lassen können – eine Voraussetzung, um überhaupt an der Wahl teilnehmen zu können. Seit Wochen mehren sich die Klagen potenzieller Wähler, dass die Seite nicht erreichbar und Registrierungen nicht möglich sind. Auf dem letzten Meeting in Yokohama forderte ICANN-Interimsvorsitzende Esther Dyson, doch zumindest eine zusätzliche Liste aufzusetzen, auf der sich Registrierwillige eintragen können, solange eine Registrierung nicht direkt möglich ist. ICANN-Direktor Vint Cerf lehnte dies gemeinsam mit anderen Boardmitgliedern allerdings ab. Angesichts der bestehenden Probleme könne jede weitere Änderung zum technischen GAU führen könne, befürchtet er. Nicht auszudenken, meint Cerf, was passieren würde, wenn die Wählerdaten verloren gingen.

Auf die abschließende Beurteilung der Wahl durch Institutionen wie das Carter-Center, das weltweit als Wahlbeobachter agiert und im ICANN-Wahlkomittee einen Sitz hat, darf man ziemlich gespannt sein. Auf die Lehren, die das Board aus den Pannen zieht, auch. (Monika Ermert) (jk)