Weißer Ring: Zivilcourage auch bei Hass im Internet wichtig

Mobbing, Stalking, Bedrohungen und Hass spielen im Internet eine gravierende Rolle. Das ist nicht nur ein Thema für die Polizei, sondern auch für Unbeteiligte.

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(Bild: 271 EAK MOTO/Shutterstock.com)

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Von
  • dpa

Die Unterstützung von Opfern und das Eingreifen durch Zivilcourage ist nicht nur bei Gewalttaten auf der Straße, sondern auch bei Aggressionen, Hass und Hetze im Internet wichtig. Es gebe eine deutliche Verrohung nicht nur im realen Leben, sondern auch im Internet, wo Menschen beschimpft und bedroht würden, sagte die Geschäftsführerin der Opferhilfsorganisation Weißer Ring, Bianca Biwer, zum Tag der Kriminalitätsopfer an diesem Dienstag. In beiden Bereichen müssten andere Menschen sich positionieren. "Zivilcourage" sei daher vom Weißen Ring als Thema des Jahres gewählt worden. "Wir als Gesellschaft können es uns nicht erlauben, einfach wegzusehen. Das verändert die Gesellschaft und gefährdet die Demokratie."

"Wichtig ist, dass man den Betroffenen beisteht", sagte Biwer. Dieser Grundsatz gelte auch im Internet. "Nicht zuschauen, wenn Menschen in den sozialen Medien in den Fokus rücken." Hetzer im Internet sollten schriftliche Gegenrede und Widerspruch von anderen erhalten. "Dann fühlen sie sich nicht mehr als Mehrheitsstimme. Das ist nachgewiesen, dass sie das oft zum Verstummen bringt." Wenn sich niemand einschalte, fühlten sie sich eher legitimiert.

"Kümmern sollte man sich aber auch um das Opfer", sagte Biwer. "Für die Betroffenen ist es in der digitalen wie in der realen Welt schlimm, wenn sie erleben, dass die Zuschauer stumm bleiben." Das habe auch die kürzlich rassistisch angegriffene 17-jährige Jugendliche in Berlin so formuliert. "Dieses Wegsehen verstörte sie sehr. Sie suchte dann Unterstützung durch ihr Video im Internet."

Warum es vielen Beobachtern konkreter Gewaltsituationen in der Öffentlichkeit an Zivilcourage mangelt, erklärte Biwer auch mit der Gruppenpsychologie. "Alleine haben viele Angst einzugreifen. In der Gruppe wollen sie nicht heraustreten und fühlen sich nicht verantwortlich." Umso wichtiger sei es, dass man andere Zeugen etwa auf der Straße oder in der U-Bahn konkret anspreche und um Hilfe bitte. "Wichtig dabei ist aber immer: Niemand soll sich selbst gefährden. Das betonen wir immer wieder." In manchen Situationen sei Abstand durchaus sinnvoll.

Immer sollte auch die Polizei gerufen werden, so Biwer. Um die Hemmschwelle herabzusetzen, könne jeder solche Situationen im Kopf durchspielen und sich eigene Handlungen vorstellen. Die Schwelle zum Eingreifen sei eine Frage der Abwägung. "Wenn ein anderer Mensch in Gefahr kommt, ist der Punkt erreicht." Aber auch wenn etwa eine Frau verbal und aggressiv bedroht würde, könne ein frühes Eingreifen Gewalt verhindern. "Als Augenzeuge hat man oft ein Gefühl dafür, ob etwas stimmt oder nicht und ob ein Opfer tatsächlich Angst hat."

(mho)