NRW lässt mehr Windenergie zu – pauschaler Abstand von 1000 Metern entfällt

In NRW galt seit 2019 ein Abstand von 1500 Metern von Windrädern zu Wohnbebauung. Der Bund reduzierte die Regelung bereits auf 1000 Meter, nun fiel sie ganz.

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(Bild: GLF Media/Shutterstock.com)

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In Nordrhein-Westfalen wurde der pauschale 1000-Meter-Mindestabstand von Windkraftanlagen zu Wohngebieten am vergangenen Freitag abgeschafft. Nicht nur Abgeordnete der Regierungsfraktionen CDU und Grüne stimmten für die Abschaffung, auch die SPD als größte Oppositionsfraktion schloss sich dem Gesetzentwurf der Regierung an. Von den 170 Abgeordneten, die sich an der namentlichen Abstimmung beteiligten, stimmten 148 für die Änderung. FDP und AfD stimmten mit 22 Abgeordneten dagegen.

Nach Berechnungen des Landesamts für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV) aus dem Jahr 2022 könnte der Windenergie in NRW durch die Abschaffung der pauschalen Abstandsregel wesentlich mehr Fläche zur Verfügung stehen. Im "Leitszenario Energieversorgungsstrategie" wurde demnach ein Maximum an installierter Leistung in Höhe von 16,4 Gigawatt errechnet, bei dem auf rund 59.600 Hektar geeigneter Fläche ein jährlicher Stromertrag von 45,6 Terawattstunden möglich wäre. In diesem Leitszenario wird ein Abstand von mindestens 720 Meter um alle Wohngebäude angenommen, was der dreifachen Höhe der Referenzanlage der Studie entspreche – einer General Electric 5.3-158 mit einer Gesamthöhe von 240 Metern.

In der LANUV-Studie mit Stand April 2022 wurden ein Restriktionsszenario und ein Leitszenario gegenübergestellt.

(Bild: Potenzialstudie Windenergie NRW, LANUV-Fachbericht 124 (PDF))

Auch wegen strenger Vorschriften etwa zum Lärmschutz werden Windanlagen in NRW nach Einschätzung des Landesverbands Erneuerbare Energien (LEE) auch künftig in der Regel mehrere Hundert Meter von Wohnbebauungen entfernt stehen.

Der LEE lobte noch vor der Abstimmung den Richtungswechsel in der Energiepolitik in NRW. So sei NRW schon jetzt bundesweit führend bei den erteilten Genehmigungen für neue Windenergieanlagen. Dass das Ausbautempo bei den erneuerbaren Energien NRW-weit bislang schon angezogen hat, sei aber vor allem im Solarsektor zu sehen. Bis zum 15. August umfasste die neu installierte Leistung bereits knapp 1350 Megawatt (MW), am Jahresende könnten zum ersten Mal mehr als 2000 MW Solarleistung erreicht werden, so der Verband. Das entspreche mehr als einer Verdoppelung im Vergleich zum Jahr 2022.

"Gerade im Solarsektor zeigt sich, dass die Bürgerinnen und Bürger bei niedrigen Eintrittsschwellen und einfacher Regulatorik gerne bereit sind, sich aktiv an der Energiewende zu beteiligen", erklärte Hans-Josef Vogel, Vorsitzender des LEE NRW. Durch die rasant steigende Zahl von Balkonkraftwerken und Dachanlagen entstehe eine richtige Bürgerbewegung pro Erneuerbare Energien.

Für die Windenergie fordert der LEE die Erschließung weiterer Potenziale in NRW. So sollte es endlich möglich sein, dass auch in Industriegebieten Windenergieanlagen errichtet werden können, damit sich die Industrie kostengünstig mit Strom versorgen kann. Dies könne auch als Grundlage für den zukünftigen Einsatz von grünem Wasserstoff dienen.

Mit der Novellierung des Landesentwicklungsplans 2019 führten die neuen Koalitionspartner CDU und FDP unter Führung von Ministerpräsident Armin Laschet einen pauschalen Mindestabstand von 1500 Metern für neue Windenergieanlagen zur Wohnbebauung in NRW ein. Der Windkraftausbau kam durch diese Regelung fast zum Erliegen. Durch eine Gesetzesänderung im Bund musste der Mindestabstand im Jahr 2021 dann aber schon wieder auf 1000 Meter gesenkt werden. Mit dem neuen CDU-Ministerpräsidenten Henrik Wüst vollführte die Partei im schwarz-grünen Bündnis nun einen Richtungswechsel.

(kbe)