World Telecom Policy Forum soll Gräben in der Internetpolitik zuschütten

Auf dem World Telecom Policy Forum, das am heutigen Dienstag in Genf begonnen hat, treffen erstmals seit der gescheiterten World Conference on International Telecommunication im Dezember die Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion zusammen.

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Von
  • Monika Ermert

Auf dem World Telecom Policy Forum (WTPF) treffen seit dem heutigen Dienstag in Genf erstmals seit der gescheiterten World Conference on International Telecommunication (WCIT) im Dezember die Mitgliedsstaaten der Internationalen Fernmeldeunion zusammen. Neben zwei Empfehlungen zum Umstieg auf das neue Internet Protokoll IPv6 stehen Aufrufe zu verstärkten Anstrengungen beim Ausbau von Breitbandnetzen und Internetaustauschpunkten auf der Tagesordnung. In Genf sollen die Gräben zwischen den WCIT-Kontrahenten zugeschüttet werden. Zudem gilt die Konferenz trotz ihrer nicht bindenden Beschlüsse als Vorgeplänkel zur Vollversammlung der ITU im kommenden Jahr.

Die unverbindlichen Selbstverpflichtungen der Mitgliedsländer – den Infrastrukturausbau zu fördern, IPv6 durch Anreize auf die Sprünge zu helfen und für Internetaustauschpunkte gerade in den Entwicklungsländern zu sorgen und dabei auch finanzielle Unterstützung ins Auge zu fassen – dürften kaum zu großen Schlachten während der dreitägigen Konferenz führen. Viele Regionen fühlten sich abgeschnitten von der Internetrevolution und ausgeschlossen von bestehenden Governance-Strukturen im Netz, erklärten bereits Lawrence Strickling von US-Handelsministerium und Daniel Sepulveda vom US-Außenministerium. Die Resolutionen böten konkrete, praktische Maßnahmen als Lösungsvorschläge an.

Die künftige Rolle der ITU bleibt indes eines der umstrittenen Themen beim WTPF zwischen den Regierungen, die mehr staatliche Aufsicht und auch ein Ende von US-Privilegien in diesem Bereich fordern, und denen, die verhindern wollen, dass das ITU-Mandat aufgebläht wird. Das Bundeswirtschaftsministerium denkt eher darüber nach, die deutschen Mitgliedsbeiträge zu kürzen. In einer Vorbereitungsrunde zum WTPF in Berlin unterstrichen Vertreter des Wirtschaftsministeriums erneut, dass sie einer Mandatserweiterung nicht zustimmen würden.

Als umstrittenstes Thema hat sich die mit den ITU-Mandatsfragen zusammenhängende Empfehlung zum so genannten Multi-Stakeholder-Prinzip beim Internetmanagement erwiesen. Unter anderem wird darüber gestritten, ob die ITU dem Prinzip selbst folgt und offen genug ist. Zivilgesellschaftliche Gruppen unter dem Dach von BestBits bezweifeln das.

Weitreichender ist die Debatte darüber, was Multi-Stakeholder überhaupt sind. Geht es nach der russischen WTPF-Delegation, soll die Verwaltung der Netzressourcen stärker von nationalen Regierungen abgedeckt werden. US-Wissenschaftler Milton Mueller kritisierte demgegenüber, das hoch gelobte Multi-Stakeholderprinzip drohe zur Floskel zu werden. Statt ein tatsächlich freies Netz zu verteidigen, werde ein vage als Multi-Stakeholder Model propagierter Status Quo als einzige Alternative zu mehr Einfluss der ITU angeboten. Gleichzeitig würden immer neuer Überwachungsgesetze verabschiedet, Regierungen nähmen immer mehr Einfluss etwa im Bereich von Domainnamen. (anw)