Zweifel an Hoffnungsträger der Biotechnologie

Die so genannte RNA-Interferenz, mit deren Hilfe sich krankmachende Gene still legen lassen, birgt offenbar mehr Risiken, als Wissenschaftler bislang vermutet hatten.

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Die so genannte RNA-Interferenz (RNAi), mit deren Hilfe sich krankmachende Gene still legen lassen, birgt offenbar mehr Risiken als Wissenschaftler bislang vermutet hatten. Die von der Presse als "Billion Dollar Breakthrough" bejubelte Technologie nutzt anders als die künstlichen Gentherapien einen natürlichen zellulären Mechanismus: Kleine künstliche RNA-Moleküle, so genannte siRNA (für short interfering), werden in die Zelle eingebracht, um ein krankmachendes Gen stillzulegen. Dabei ahmen die Forscher die Zelle nach, die natürlicherweise miRNA (für micro) produziert.

Sowohl die künstlichen siRNAs als auch die natürlichen miRNAs nutzen dabei die gleiche Zellmaschinerie, sie konkurrieren also. Eine in der aktuellen Ausgabe des Fachmagazins Nature veröffentlichte Forschungsarbeit des renommierten RNAi-Experten Mark Kay von der Stanford-University hat nun Grenzen der RNA-Interferenz-Technik aufgezeigt: Als Kay mit RNAi gegen die virale Leberentzündung Hepatitis C vorgehen wollte, starben viele der Versuchsmäuse binnen weniger Wochen. Wird die Zelle mit künstlicher siRNA überfrachtet, so die Forscher, dann werden vor allem Enzymkomplexe mit siRNAs gebildet, so dass die natürlichen miRNAs zu kurz kommen und die normale Genregulation durcheinander gerät.

Die Ergebnisse hätten "fundamentale Konsequenzen" für zukünftige RNA-Interferenz-Therapieversuche, schreibt Kay, doch die Ergebnisse seiner Studie dürften "nicht fehlinterpretiert" werden. "Die Arbeit soll in keiner Weise den Enthusiasmus für RNAi-Therapeutika dämpfen." Biotech-Unternehmen, die dezeit beispielsweise an einer Therapie der Makula-Degeneration mit Hilfe der RNAi arbeiten, schlagen in die selbe Kerbe und betonen, eine solch hohe Konzentration von siRNA werde in der Therapie nicht erreicht. Schon Ende 2007, Anfang 2008 könnten die ersten Wirkstoffe auf siRNA-Basis die letzte klinische Prüfphase III erreichen. Läuft alles wie geplant, könnte 2010 die erste RNAi-Therapie zugelassen werden.

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