Europäische Cloudplattform: Zweiter Katalog der GAIA-X-Dienste veröffentlicht

Fast auf den Tag genau ein Jahr nach der ersten Fassung veröffentlicht die CISPE eine neue Version des Gaia-X-Cloud-Katalogs für die europäische Cloudplattform.

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(Bild: gotphotos/Shutterstock)

Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Christoph Puppe
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Vergangene Woche, ziemlich genau ein Jahr nach der Freigabe der ersten Version, startete der sogenannte CISPE Federation Catalogue den Live-Betrieb. Die erste Version umfasste bereits 176 Dienste der europäischen Cloudplattform, die neue umfasst jetzt beeindruckende 1484 von 13 Anbietern aus ganz Europa. Da der Katalog wie auch die erste Fassung vom französischen Gaia-X Federated Services (GXFS-FR) erstellt wurde, überwiegen auch in dieser Version die französischen Anbieter. Immerhin ist der Katalog auch bei GitLab verfügbar. In der Statistik der Beitragenden zum Katalog stehen sechs französische Namen. Eine deutsche Organisation sucht man hier vergeblich. Allerdings ist ein Anbieter, die Leaseweb, mit im Katalog enthalten. Deren Dienste finden sich auch in den 157 Diensten, die angezeigt werden, wenn man nach Angeboten mit Standort in Deutschland sucht. Es bleibt daher die Frage, was aus den elf Projekten geworden ist, für die im Februar 2022 von Habecks BMWK 117,4 Millionen Euro ausgelobt wurden.

Ein Projekt ist der Sovereign Cloud Stack (SCS) der bereits in Release 5 vorliegt und auch bei Providern im produktiven Einsatz ist. Aus dem Subventionsbericht des Bundesfinanzministeriums sieht man die aktuell bereits ausgegebenen und geplanten Gelder: Immerhin 22 Millionen Euro sind zwischen 2021 und 2022 schon geflossen. Für 2023 sind rund 45 Mio. Euro und für 2024 38 Millionen geplant. Im Vergleich zu den Entwicklungs-Budgets der großen Anbieter sind dies allerdings sehr geringe Summen. Allein Microsoft hat 2022 24 Milliarden US-Dollar in die Entwicklung der eigenen Dienste gesteckt, Amazon 73 und Google 40 Milliarden.

In diesen Summen sind natürlich auch die anderen Abteilungen enthalten, aber allein der Vergleich der Größenordnungen hilft zu verstehen, dass einen Cloud-Anbieter zu bauen nicht nur „Open Source und ein wenig Scripten“ ist. Die Hyperscaler haben zusammen einen dreistelligen Milliardenbetrag für ihre Produkte investiert. Im Vergleich dazu leistet auch das neue Cloud-Förderprogram der EU (IPCEI) mit den 750 Millionen Euro vom Bund nur einen sehr kleinen Betrag. Die Firmen müssten mit dieser Anschubfinanzierung selbst die Investitionen einbringen, dies ist bei der aktuell von vier Firmen beherrschten Marktlage ein durchaus riskantes Unterfangen – Lidl lohnt sich, vielleicht auch bald in der Cloud. Hier von einer Konkurrenz zu den Hyperscalern zu reden, ist eventuell etwas zu optimistisch. Wenn der Dienst Kunden findet und in der Gewinnzone läuft, wäre schon viel erreicht.

Bei diesen Zahlen sollte man erwähnen, dass alle Hyperscaler den Aufbau der Cloud-Angebote aus ihren Kerngeschäften finanzieren. Microsoft aus Lizenzen, AWS aus dem Versandhandel und dem Werbegeschäft und Google nur durch Werbeeinnahmen. Die beiden Letzteren verdienen hier dank Microtargeting sehr gut und sind die Branchenführer. Ein Geschäftsmodell, das in Europa – dank DSGVO – nicht möglich ist. Hier hat der Datenschutz tatsächlich Geschäftsmodelle ermöglicht. Nur nicht in der EU, da alle Anbieter von Werbung jetzt woanders sitzen und die einheimischen Firmen nicht mehr am Markt aktiv sind.

Die im Katalog angebotenen Dienste teilen sich in drei Kategorien, je nach Überprüfung der Dienstgüte und ob der Anbieter nur in europäischer Kontrolle ist. Selbst attestierte Dienste in Level 1 sind 353. In Level 2 sind die Dienste unabhängig auf Einhaltung der Vorgaben auditiert. Nur 42 sind hier zu finden. Auch Level 3, in dem Level 2 zusammen mit der vollständigen Kontrolle des Anbieters durch europäische Firmen von CISPE gewertet wurden, sind nur 53 Dienste. Somit verbleiben 1036 Dienste, die die Anforderungen nicht erfüllen. Im Blog steht hier "über 500" Dienste, das ist so aus der Suche im Katalog nicht ganz nachvollziehbar, da Level 1 bis 3 zusammen nur 448 Dienste ausmachen.

Andere Felder, in denen man den Katalog filtern kann, sind etwa Zertifizierungen. Hier ergibt die Suche nach "100 % erneuerbare Energie" keinen Treffer. Auch bei deren Filtern kommen keine Ergebnisse. Nur für ISO 9001 sind 60 Ergebnisse in der Anzeige. Der Katalog scheint noch agil in der Entwicklung zu sein, ist also noch nicht ganz fertig und reift beim Kunden. Dafür gab es früher einen anderen Namen, aber das tut hier nichts zur Sache.

Was die Anbieter angeht, irritiert etwas, dass auch AWS dort auftaucht. Immerhin war GAIA-X ja als europäische Antwort auf die US-amerikanischen Angebote gedacht. Leider sind von den 1484 Diensten 668 von AWS. Davon die Hälfte Level 1. 21 Dienste sind immerhin Level 2. Natürlich ist kein Dienst Level 3. Bleibt genau die Hälfte, die nicht den Anforderungen der GAIA-X entsprechen. Es stellt sich etwas die Frage, warum diese Dienste dann in einem Katalog von GAIA-X enthalten sind.

Es bleibt abzuwarten, was die Förderung von GAIA-X noch an Ergebnissen bringt. Zum Ende der Laufzeit – eigentlich schon während – soll es eine Bewertung der Ergebnisse gemäß der Förderbedingungen (VV Nr. 2.2 Absatz 2 zu § 7 BHO) geben. Das Ergebnis wird sicherlich aufschlussreich. Was die Zukunft angeht, sieht es wohl nicht so gut aus. Auf EU Ebene ist bereits ein Nachfolgeprojekt gestartet. Und Leuchtturm Projekte wie die Europäische Zentralbank, die im November 2022 noch den Beitritt zu GAIA-X verkündete und jetzt wendet sich die EU-Kommission an Oracle als Anbieter von Cloud-Diensten. Aber es gibt auch gute Nachrichten, T-Systems wird die ID-Wallet für die Gaia-X Federation Services liefern. Es geht also weiter voran und auch der SCS ist als Teilprojekt ein voller Erfolg.

(avr)