Zwischenlösung im Streit über Vergütungsregel für digitale Semesterapparate

Lehrer, die digitale Werkauszüge im Intranet zugänglich machen, müssen dafür genutzte Texte bis Ende September nicht einzeln abrechnen. Bund und Länder einigten sich mit der VG Wort auf eine Übergangsfrist.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 24 Kommentare lesen
Zwischenlösung im Streit über Vergütungsregel für digitale Semesterapparate
Lesezeit: 3 Min.

Kurz vor Weihnachten haben die Verantwortlichen in der mit harten Bandagen geführten Auseinandersetzung über eine einzelne Erfassung und Vergütung urheberrechtlich geschützter Werke in digitalen Semesterapparaten die Friedenspfeife geraucht. Die Kulturminister- und die Hochschulrektorenkonferenz haben sich mit der zuständigen Verwertungsgesellschaft (VG) Wort darauf verständigt, dass Nutzungen bis 30. September 2017 nochmals pauschal abgerechnet werden. Eine gemeinsame Arbeitsgruppe soll bis dahin eine "praktikable und sachgerechte Lösung für alle Beteiligten" auf die Beine stellen.

Die Verantwortlichen haben dazu am Freitag nach eigenen Angaben eine Grundsatzvereinbarung unterzeichnet. Der zunächst geschlossene Rahmenvertrag zwischen Bund, Ländern und VG Wort vom September dieses Jahres wird demnach für die Übergangsfrist ausgesetzt. Dieser hatte vorgesehen, dass von Januar an digitale Werkauszüge im Rahmen der gesetzlichen Intranetklausel einzeln erfasst und von den Hochschulen, die der Vereinbarung beitreten, selbst mit der Verwertungsgesellschaft abgerechnet werden.

Zahlreiche Bildungsstätten hatten sich im Herbst über den Rahmenvertrag beschwert und sich geweigert, ihn anzunehmen. Eine Pilotstudie der Universität Osnabrück war zuvor zu dem Ergebnis gekommen, dass die Einzelvergütung einen deutlichen Mehraufwand mit sich bringe. Negative Auswirkungen vor allem für die Qualität der Lehre seien zu erwarten, da viele Lehrende Materialien gar nicht mehr bereitstellen würden. Mehreinnahmen für die Verleger ergäben sich nicht.

Der Börsenverein des deutschen Buchhandels hielt dem entgegen, dass der Meldevorgang für einen Auszug vereinfacht worden sei und meist ausreiche, die ISBN einzugeben. "Mit wachsender Routine" könnten die meisten Meldungen künftig voraussichtlich in ein bis zwei Minuten erledigt werden. Laut den Osnabrückern betrug der Zeitaufwand in Einzelfällen anfangs bis zu 38 Minuten.

Laut Paragraf 52a Urheberrechtsgesetz dürfen Lehrer und Wissenschaftler "kleine Teile" urheberrechtlich geschützter Werke oder Zeitschriftenartikel einem "bestimmt abgegrenzten Bereich von Unterrichtsteilnehmern" für Bildungszwecke in einem abgeschlossenen Netzwerk zugänglich zu machen. Der Bundesgerichtshof (BGH) hatte 2013 entschieden, dass unter die Intranetklausel bis zu 12 Prozent eines Lehrbuchs fallen können, insgesamt aber nicht mehr als 100 Seiten. Die Richter hielten zudem die Einzelabrechnung für nötig. Der nun zu findende Kompromiss soll die BGH-Vorgaben berücksichtigen.

"Wir unterstützen es, dass die VG Wort und die Kultusminister der Länder nun gemeinsam mit den Hochschulen die entstandene Blockade bei der Nutzung der digitalen Semesterapparate auflösen wollen", begrüßte Matthias Ulmer, Vorsitzender des Verlegerausschusses im Börsenverein, den Aufschub. Das Aktionsbündnis "Urheberrecht für Bildung und Wissenschaft" warnte dagegen Mitte Dezember, dass der angestrebte Kompromiss nicht erneut auf "eine neue Version der Individualabrechnung hinauslaufen" dürfe. (anw)