Österreich: Lange Abrechnungstakte bei Telefonaten sind doch legal

Die von österreichischen Mobilfunkern angewandten Abrechnungstakte wie etwa 60/30 oder Minutentakt (60/60) sind grundsätzlich zulässig. Dies geht aus einer Entscheidung des österreichischen Obersten Gerichtshofs hervor.

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Die von österreichischen Mobilfunkern angewandten Abrechnungstakte wie etwa 60/30 oder Minutentakt (60/60) sind grundsätzlich zulässig. Dies geht aus einer Entscheidung (Aktenzeichen 4 Ob 5/08a) des österreichischen Obersten Gerichtshofs (OGH) hervor. In erster Instanz hatte das Handelsgericht Wien längere Taktungen als in einzelnen Sekunden noch für unrechtmäßig erklärt. Diese Entscheidung ist aber nun endgültig aufgehoben worden.

Der Verein für Konsumenteninformation (VKI) hatte im Auftrag der Arbeiterkammer Vorarlberg exemplarisch den Mobilfunk-Marktführer Mobilkom Austria verklagt. Konsumenten hatten sich darüber beschwert, dass viele Telecom-Anbieter nicht sekundengenau, sondern nach längeren Takten abrechnen. Dies sei wenig durchschaubar und nachvollziehbar. Die Unternehmen würden durch die Verlängerung der Abrechnungstakte einfach und vielfach unbemerkt erhebliche Preiserhöhungen durchführen.

Im Unterschied zur ersten Instanz (Handelsgericht Wien), aber im Einklang mit der zweiten Instanz (Oberlandesgericht Wien), entschied der OGH zugunsten der verklagten Mobilkom. Nach Ansicht des OGH sind die längeren Abrechnungstakte nicht gröblich benachteiligend. Die Verrechnung in Takten seien zudem "weder objektiv ungewöhnlich noch überraschend." Die Verrechnung nach Einheiten sei "nicht schon als solche unsachlich oder unfair", zumal der Gesetzgeber selbst in einer Reihe von Entgeltbestimmungen Pauschalierungen nach Zeiteinheiten vorgenommen habe – so etwa bei Rechtsanwälten, Sachverständigen und Notaren, aber auch bei der Parkraumbewirtschaftung. Schließlich seien die Klauseln über die Abrechnungstakte in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) nicht intransparent.

"Wie lang eine Verrechnungseinheit sein darf und ob sie danach den Anforderungen an Sachlichkeit und Fairness Rechnung trägt, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls", führt der OGH weiter aus. Die von der Mobilkom angewandte Verrechnung im Minutentakt (60/60) oder im 60/30-Takt sei jedenfalls weder unsachlich noch unfair. Ein durchschnittlich informierter Konsument würde bei der Auswahl eines Tarifs nicht nur das Minutenentgelt, sondern auch die sonstigen Entgeltbestimmungen berücksichtigen.

"Dass die die Vielzahl an Tarifen und deren Ausgestaltung einen Preisvergleich erschwert, oft sogar unmöglich macht und unter Berücksichtigung aller am Markt platzierten Angebote zu einer Irreführung des Konsumenten über die angebotene Leistung und das dafür verlangte Entgelt führen kann" sei im vorliegenden Fall ohne Bedeutung – denn um das überprüfen zu können, wäre eine Klage wegen Irreführung nach Paragraph 2 des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) erforderlich gewesen.

Der VKI hat nun angekündigt, gegen irreführende Werbung mit Klagen nach dem UWG vorgehen zu wollen. Irreführungen orten die Konsumentenschützer etwa dort, wo mit Minutenpreisen geworben wurde, tatsächlich aber mindestens eineinhalb Minuten zu bezahlen sind (90/60-Taktung). Ein solches Angebot ist der ursprünglich von Tele2 auf den Markt gebrachte Champion-Tarif. Die Kunden wurden inzwischen von der Telekom Austria übernommen, und der Tarif wird schon lange nicht mehr beworben. (Daniel AJ Sokolov) / (jk)