Musikindustrie will Recht auf Privatkopie drastisch einschränken

In einem Positionspapier zum "Zweiten Korb" der Urheberrechtsnovelle formuliert die Branche ihre Vorstellung zur Zukunft des Urheberrechts.

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Von
  • Sven Hansen

Anlässlich des Symposions zur Novellierung des Urheberrechtsgesetzes vom Bundesjustizministerium und dem Institut für Urheber- und Medienrecht fordern die deutschen Phonoverbände die De-facto-Abschaffung der Privatkopie. Kopien zum privaten Gebrauch sollten laut dem Positionspapier des Interessenverbandes der Phonographischen Industrie (IFPI) nur dann zulässig sein, wenn danach eine "ausschließlich analoge Nutzung" stattfindet. Von der "Rückführung der digitalen Privatkopie in ein Exklusivrecht" verspricht sich die Musikindustrie das Entstehen eines Marktes für Privatkopien: Kunden könnten das Recht auf eine private Kopie separat erwerben.

Auf der Wunschliste der IFPI finden sich noch weitere Punkte, mit denen man den Einbrüchen bei den Tonträgerumsätzen entgegentreten will. So sollen in Zukunft auch Internet Service Provider (ISPs) in die Verantwortung genommen werden, wenn Kunden über ihre Internetzugänge geschütztes Material verbreiten. Darüber hinaus sollen Auskunftsansprüche seitens der Rechteinhaber gegenüber den ISPs verstärkt werden (Preisgabe von Kundendaten). Im Entdeckungsfall schlägt die Industrie einen "Verletzerzuschlag" in Höhe des Zweifachen der eigentlichen Lizenzgebühr vor, der bei nachgewiesener Urheberrechtsverletzung erhoben werden kann.

Ebenfalls ein Dorn im Auge der IFPI ist das "Sendeprivileg" von Hörfunksendern, das einem Radiosender erlaubt, beliebige Stücke zu spielen und die Vergütung gegenüber den Künstlern über die GEMA-Abgaben abzuwickeln. Hier schwebt den Rechteinhabern die Einführung eines "exklusiven Senderechts für ausübende Künstler und Tonträgerhersteller" vor, dass es ermöglichen würde, bestimmte Inhalte nur an bestimmte Radiosender zu lizenzieren.

Kommt es zu juristischen Auseinandersetzungen, möchte die Industrie nicht mehr im Einzelfall ihren Rechtsanspruch an einem urheberrechtlich geschützten Werk nachweisen müssen. Anstelle der Nachweispflicht der Industrie soll eine "gesetzliche Vermutung zugunsten der Leistungsschutzberechtigten" treten -- die Beweislast läge dann bei demjenigen, dem die Urheberrechtsverletzung vorgeworfen wird.

Gegenüber Künstlern soll es in Zukunft möglich sein, dass diese auch für bisher nicht bekannte Nutzungsarten ihre Nutzungsrechte an die Plattenindustrie abtreten. Bisher gilt der Grundsatz, dass ein Urheber nur Nutzungsrechte für bereits bekannte Verwertungsformen abtreten kann -- die Musikindustrie muss daher immer nachverhandeln, wenn sie die Werke eines Künstlers für andere als die vertraglich geregelten Zwecke einsetzen will.

Die Musikindustrie hofft, durch diesen Maßnahmenkatalog wieder einen "funktionsfähigen Markt" herzustellen, in dem ihr bis vor einigen Jahren noch äußerst lukratives Geschäftmodell auch weiterhin Früchte trägt. Für die von kopiergeschützten CDs düpierte Kundschaft bleibt abzuwarten, ob in die Entwicklung von attraktiven Online-Angeboten genauso viel Energie gesteckt wird wie in die Umformung der juristischen Rahmenbedingungen. (sha)