MIT Technology Review 11/2017
S. 46
Horizonte
Medizin

Künstliche Embryonen

Stammzellen können sich zu Strukturen zusammenlagern, die menschlichen Embryonen ähneln. Erste Experten halten sogar den Schritt zum künstlichen Embryo für möglich. Dürfen die Wissenschaftler weiterforschen?

Der Embryoid aus Stammzellen hat einige Merkmale – wie etwa die Fruchtblase – mit einem richtigen menschlichen Embryo gemeinsam. Foto: University of Michigan

Vor zwei Jahren machte Yue Shao eine Entdeckung, die ihn noch lange beschäftigen sollte: An der University of Michigan erforschte er menschliche embryonale Stammzellen. Er suchte nach Methoden, um aus diesen Zellen organisierte dreidimensionale Strukturen zu formen. Der Maschinenbau-Ingenieur mit einem Faible für die Biologie ließ sie in einer weichen, gelartigen Gerüstsubstanz wachsen und hielt nach primitivem Nervengewebe Ausschau. Dabei fiel ihm auf, dass sich die Zellen sehr viel schneller zu verändern schienen als erwartet. Außerdem ordneten sie sich innerhalb weniger Tage zu einem unregelmäßigen Kreis an.

Um herauszufinden, was das sein könnte, begann Shao zu googeln. Auf einer Webseite namens „The Virtual Human Embryo“ stieß er auf Mikroskopaufnahmen von zehn Tage alten menschlichen Embryonen. Sie sahen aus wie seine Strukturen. Hatten sie tatsächlich einen echten menschlichen Embryo aus Stammzellen hergestellt?