MIT Technology Review 3/2024
S. 49
Report
Kolumne

Robotersprache versus Bauchgefühl

Drohen wir durch KI-Tools zu verblöden? ChatGPT und seine Freunde machen es uns bequem in Bereichen, in denen wir eigentlich kreativ sein sollten. Den Rest beherrschen sie einfach nicht.

Julia Kloiber

Ich habe letzte Woche eine Fläche in der Beta-Version von Photoshop mithilfe von KI farbig gefüllt. Das wäre nicht weiter erwähnenswert, wenn es sich um ein komplexes Muster oder um einen verzwickten Verlauf gehandelt hätte. Aber in meinem Fall ging es um eine gewöhnliche weiße Fläche. Anstatt die Fläche in zwei Klicks über die Werkzeugpalette umzuwandeln, habe ich nur einmal auf den Button „Generatives Füllen“ geklickt. Zeitersparnis gleich null. Das Generieren dauert nämlich einen Moment. Das Ergebnis war wie gewünscht unspektakulär.

Diese Interaktion steht symbolisch für meinen Umgang mit KI-Tools. Ich verwende sie für die banalsten Sachen. Aus Bequemlichkeit. Wenn ich schnell einen Text auf Englisch verfassen muss, bin ich dazu übergegangen, ihn schlampig auf Deutsch runterzutippen, um ihn anschließend in ein KI-Tool zu kippen und übersetzen zu lassen. Das Ergebnis ist nicht perfekt, aber irgendwie gut genug. Was anfangs noch ein eher punktueller Einsatz von generativen Werkzeugen war, ufert langsam aus. Jede noch so kleine englische Formulierung, bei der ich mir unsicher bin, landet in ChatGPT oder DeepL. Ich will checken, was die KI so vorschlägt. An mancher Stelle spare ich mir so ein paar Minuten Zeit, aber langfristig verblöde ich. Ich füttere die Systeme fleißig mit meinen Texten und Gedanken. Während der Computer immer schlauer wird, werde ich immer dümmer. Wenn es so weitergeht, dann wird es kein großes Kunststück für künftige AGIs sein, mich intellektuell zu überholen.