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Abseits des Normalen: E-Auto DS 3 Crossback E-Tense im Test

Martin Franz
E-Auto im Test: DS 3 Crossback E-Tense

(Bild: Lorenz)

DS geht mit dem kleinen SUV bewusst eigene Wege. Besonders deutlich wird das in Verbindung mit dem E-Antrieb. Wie fährt sich der DS 3 Crossback e-Tense?

Charakter formt den Menschen, heißt es, und dies lässt sich, zumindest bis zu einem gewissen Grad, durchaus auch auf automobile Begleiter übertragen. PSA hat einige Anstrengungen unternommen, um die selbsternannte Nobelmarke DS vom ordinären Rest abzugrenzen. Nicht jeder dieser Schritte war erfolgreich, doch in mancher Hinsicht stellt sich DS mutig gegen den Zeitgeist. Dem DS 3 Crossback E-Tense fällt dabei eine besondere Rolle zu.

Angeboten wird das 4,12 Meter kurze SUV unter anderem mit drei Benzinern und zwei Dieselmotoren. Der angenehmste Antrieb steckt aber im DS 3 E-Tense. Der E-Antriebsstrang ist aus anderen Konzernmodellen wie Opel Corsa-e [1], Peugeot e-208 und e-2008 schon bekannt und seit März 2020 auch im DS 3 Crossback zu haben. Der E-Motor leistet 100 kW und bietet zwischen 300 und 3600/min 260 Nm, sofern einer der beiden Fahrmodi „Sport“ oder „Comfort“ gewählt wird, in „Eco“ ist es spürbar weniger.

Das prägt den Fahreindruck ungewöhnlich heftig, wobei „Eco“ nicht etwa gleichzusetzen ist mit „lahm“. Schon in dieser Stufe, in der der E-Motor bis zu 60 kW leistet, wieselt das kleine SUV bei Bedarf ziemlich flott durch den zähen Großstadtverkehr. Wer auf Landstraßen nicht den Ehrgeiz hat, „Überhol-König“ zu werden, wird auch hier wenig vermissen. Im „Comfort“-Modus (bis zu 80 kW) beschleunigt der E-Motor merklich spontaner, in „Sport“ (bis zu 100 kW) geht es geradezu beherzt voran. Trotz 1,6 Tonnen Leergewicht findet sich im Testtagebuch auch von den üblichen Verdächtigen in der Redaktion nirgendwo der Wunsch nach mehr Leistung. Mit dem Gebotenen lässt sich sehr gut auskommen, wenngleich die Werksangaben – 9,1 Sekunden im Standardsprint und 150 km/h Endgeschwindigkeit – das nicht unbedingt nahelegen.

Hinzu kommt ein Umstand, vor dem hiermit zum wiederholten Maße gewarnt sei: Nach ein paar Tagen mit einem E-Auto ist der Umstieg in ein Modell mit Verbrennungsmotor akustisch brutal. An die Art und Weise, wie unauffällig sich ein batterieelektrisches Auto in Bewegung setzt, gewöhnt man sich sehr rasch. Auch das Suchen nach der richtigen Drehzahl, sei es nun manuell oder automatisch, entfällt, wahrnehmbare Lücken in der Kraftentfaltung damit ebenso.

Test: DS 3 Crossback E-Tense (0 Bilder) [2]

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Ohne den Rest schmälern zu wollen: Der Antriebsstrang ist fraglos das Beste im DS 3 Crossback. Die Batterie ist mit 50 kWh Bruttokapazität für die meisten Alltagssituationen ausreichend dimensioniert. Geladen werden kann sie an Wechselstrom dreiphasig mit bis zu 11 kW, an Gleichstrom sind bis zu 100 kW möglich.

Im Test haben wir meistens eine 230-Volt-Steckdose zum Aufladen verwendet. Der Ladeziegel ist mit 8 Ampere abgesichert. Damit dauert eine Aufladung natürlich ewig: 8 A x 230 Volt ergibt 1840 Watt Ladeleistung, von denen die Ladeverluste noch abgezogen werden müssen. In der Praxis: Das Auto wurde um 18 Uhr angeschlossen mit 70 km Restreichweite, morgens um 8 Uhr hatte er dann 190 km Reichweite erreicht. Der fraglos bessere Weg führt zu einer Wallbox, die PSA mit 3,7 bis 11 kW anbietet.

Mein Verbrauch über Land lag bei Temperaturen zwischen 15 und 22 Grad bei knapp 14 bis 15,5 kWh/100 km, mein Kollege Christian hat es auf fast 19 kWh gebracht. Interessanterweise wurde mein Verbrauch durch die Fahrmodi kaum beeinflusst – die meistgenutzten Comfort und Eco lagen nahezu gleichauf, erst mit „Sport“ war es etwas mehr.

DS geht, wie eingangs erwähnt, in zweierlei Hinsicht einen sehr eigenen Weg. So ist das Fahrwerk für heutige Verhältnisse geradezu mutig komfortabel ausgelegt. Die Optimierung darauf, möglichst rasch zwischen Kunststoffkegeln hin und her wedeln zu können, blieb dem DS 3 Crossback erspart. Das ist in dieser Klarheit inzwischen ungewöhnlich, hat aber durchaus seinen Reiz. Wer ein kleines SUV unbedingt flott um Kurven schubsen muss, ist hier komplett falsch, Mein Kollege Christian bescheinigte dem DS 3 gar ein Widerwillen gegenüber dynamischen Avancen. Der Fokus liegt auf Komfort.

Betont eigenständig ist auch die Innenraumgestaltung. DS leistet sich eine geradezu feudale Materialauswahl – ein ähnlich großer VW T-Cross [4] wirkt im Vergleich dazu regelrecht frugal. Mir ist kein Auto dieser Klasse bekannt, was dem DS 3 in diesem Punkt auch nur nahekommen würde. Auch die Verarbeitung des Testwagens war bis auf den losen Teppich hinten makellos.

In funktionaler Hinsicht bleibt dagegen noch reichlich Raum für Verbesserungen. So ist es löblich, dass DS an Isofix-Haken für Kindersitze [5] auch auf dem Beifahrersitz gedacht hat. Doch vorn wie hinten sind die derart tief versenkt, dass meine Gedanken an den dafür verantwortlichen – und vermutlich auch kinderlosen – Entwickler absolut nicht sendungsreif sind.

Das Infotainment brauche „viel Geduld und Humor“, schrieb Christian ins Testtagebuch. Mir fehlt der dafür offenbar nötige Umfang in beiderlei Hinsicht. Die wilde Verstreuung von Funktionen in einem weit verästelten System erscheint auch nach Tagen im Gebrauch nur schwerlich nachvollziehbar. PSA hat an Tasten für die wichtigsten Menüebenen gedacht, was löblich ist. Leider haben sie alle exakt die gleiche Form.

Test: DS 3 Crossback E-Tense (0 Bilder) [6]

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Es muss einen Weg geben, dem Navigationssystem Online-Verkehrsdaten beizubringen, die Preisliste deutet das an. Ich wäre ihn gern gegangen, doch der Pfad dorthin blieb mir versperrt. Die Freigabe des Internets auf Handys mit Android und iOS brachte mich nicht ans Ziel. Wehmütig dachte ich an das Infotainmentsystem im Kia Xceed PHEV (Test) [8] zurück, dass solche Anforderungen lässig und ohne Hopp-Streck-Sprünge ums Auto erledigt.

Im DS 3 Crossback blieb nur, auf Android Auto und Apple CarPlay auszuweichen. Beides funktioniert tadellos und ist serienmäßig, womit die Zielgruppe für das knapp 830 Euro teure Werksnavi nicht ganz einfach einzugrenzen ist. Mir fällt jedenfalls kein Grund ein, warum man dieses Geld ausgeben sollte.

Mehr Schein als Sein leistet sich auch die Klimaautomatik. Auf dem Display werden zwei Temperaturzonen angedeutet, doch die Gradzahl lässt sich nur synchron verstellen. Nicht überzeugt haben mich die edel bezogenen Sitze. Mir fehlte es an Unterstützung im Lendenbereich, zudem war mir der horizontale Verstellbereich zu knapp. Beides würde den DS 3 Crossback augenblicklich, kraftvoll und nachhaltig von der Liste möglicher Wunschautos fegen. Die schlechte Übersichtlichkeit hat auch dieses neue Auto mit den meisten Konkurrenten gemein.

Dank der vorübergehend gesenkten Mehrwertsteuer kostet das üppig ausstaffierte Basismodell „So Chic“ 37.442 Euro, die nicht ohne Humor „Performance Line“ getaufte, teurere Ausstattungslinie 38.105 Euro. Sie bringt nichts mit, was unverzichtbar erscheint. Das Matrixlicht kostet in beiden Versionen 1267 Euro, die Sitzheizung 292 Euro. Im Vergleich dazu scheinen Head-up-Display, Rückfahrkamera und eine induktive Ladeschale für Handys recht günstig eingepreist.

Mit der aktuellen Subventionierung sinkt der Preis für den DS 3 Crossback E-Tense ohne Verhandlung auf unter 30.000 Euro. Benziner und Diesel mit 96 kW sind damit bei vergleichbarer Ausstattung kaum günstiger, wenn man den üblichen Händlerrabatt von ihren Listenpreisen abzieht – wenn überhaupt noch. Die Aussicht für Modelle mit Verbrennungsmotoren wird trüber, denn Autos wie der DS 3 zeigen: Im Alltag ist der E-Motor der angenehmere Antrieb, und wer die Kosten für ein Auto nicht allein auf den Kaufpreis reduziert, sondern eine Gesamtbetrachtung vornimmt, spart auch noch Geld.

Die Kosten für die Überführung hat DS übernommen, jene für Energie die Redaktion.

Hersteller DS
Modell 3 Crossback E-Tense
Motor und Antrieb
Motorart E-Motor
Leistung in kW (PS) 100 (136)
bei U/min 5500
Dauerleistung in kW (PS) 57 (77)
Drehmoment in Nm 260
Antrieb Vorn
Speicher
Energiegehalt brutto in kWh 50
Energiegehalt netto in kWh 45
Max. Ladeleistung DC in kW 100
Max. Ladeleistung AC einphasig in kW 3,7
Max. Ladeleistung AC dreiphasig in kW 11
Fahrwerk
Reifengröße 215/55 R18
Maße und Gewichte
Länge in mm 4118
Breite in mm 1791
Höhe in mm 1534
Radstand in mm 2558
Kofferraumvolumen in Litern 350
Leergewicht in kg nach EU inklusive 68 kg Fahrer und 7 kg Gepäck 1600
Zuladung 426
Fahrleistungen
Beschleunigung von 0 auf 100 km/h in Sekunden 9,1
Höchstgeschwindigkeit in km/h 150
Verbrauch im WLTP in kWh/100 km 18,3
Reichweite im WLTP 320
Schlüsselnummer zu 2/zu 3 1889 / ACG
Daten Stand Juli 2020
Modell DS 3 Crossback E-Tense
Ausstattungslinie So Chic
Preis für diese Ausstattungslinie 37.442
Infotainment
DAB+ 195
USB-Anschluss Serie
Soundsystem -
Navigationssystem 829
Verkehrsdaten in Echtzeit 3 Jahre inklusive
Freisprecheinrichtung Serie
Head-up-Display 341
Apple CarPlay und Android Auto Serie
Induktionsladung für Smartphones 146
Assistenz
Tempomat Serie
Abstandstempomat -
Einparksensoren vorn Serie
Einparksensoren hinten Serie
Rückfahrkamera 244
Totwinkelwarner Serie
Müdigkeitserkennung -
Spurhalteassistent Serie
Matrix-Licht 1267
Funktion
Fernlichtassistent 634 (Fahrerassistenz-Paket)
Erweiterte Verkehrsschilderkennung 634 (Fahrerassistenz-Paket)
elektrische Heckklappe -
Alarmanlage 245
schlüsselloser Zugang 292
Fahrwerksoption
Komfort
Sitzheizung 292
Ledersitze ab 1024
Optionssitze -
beheizbares Lenkrad -
Lederlenkrad Serie
Klimaautomatik Serie
Schiebedach -
festes Glasdach -
Sonstiges
Metalliclack ab 585
Leichtmetallfelgen Serie
Preisliste Stand Juli 2020

(mfz [9])


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[1] https://www.heise.de/tests/Opels-Elektro-Kompaktwagen-Corsa-e-im-Test-Das-beste-Paket-4873509.html
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[3] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4840115.html?back=4839992;back=4839992
[4] https://www.heise.de/autos/artikel/Fahrbericht-VW-T-Cross-1-0-TSI-4330290.html
[5] https://www.heise.de/ratgeber/26-Kindersitze-im-Test-4765239.html
[6] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4840115.html?back=4839992;back=4839992;back=4839992
[7] https://www.heise.de/bilderstrecke/bilderstrecke_4840115.html?back=4839992;back=4839992;back=4839992
[8] https://www.heise.de/tests/Test-Kia-Xceed-Plug-in-Hybrid-Crossover-auf-eigenem-Weg-4723920.html
[9] mailto:mfz@heise.de