Erste Ausfahrt im BMW M440i xDrive Coupé

BMW setzt auf Provokation und Polarisierung: Der 4er wird und soll nicht jedem gefallen. Doch unterwegs pflegt er als M440i alte Werte. Eine erste Ausfahrt.

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BMW M440i xDrive Coupé

Der BMW M440i xDrive kommt dem M4 nahe: Er ist kaum langsamer, obwohl er über 100 PS weniger zu bieten hat. Im Fahrwerksbereich setzt er neue Bestmarken.

(Bild: BMW)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Stefan Grundhoff

Die Zeiten, in denen BMW mit einer zurückhaltenden Gestaltung überzeugen wollte, sind vorbei. Beim neuen 4er reizt die Marke die Geschmacksnerven heftig, es ist insbesondere an der Front der komplette Gegenentwurf von Everybody's Darling. Man darf gespannt sein, ob die Kundschaft den eingeschlagenen Weg mitgeht. Eine erste Proberunde zeigt indes, dass sich der 4er stärker als bisher vom 3er abhebt. Besonders deutlich wird das im Topmodell diesseits des M4. Der M440i ist neben dem M4 der einzige Sechszylinder-Benziner.

Die Maschine gleicht natürlich jener im M340i: ein aufgeladener Reihensechszylinder mit drei Litern Hubraum und 275 kW (374 PS). Immer mit dabei: Allradantrieb, Achtgangwandler-Automatik von ZF und eine Mildhybridisierung mit 8 kW. Allein schon diese Antriebszusammenstellung verspricht einiges – und hält es auch: Die alle Komponenten hier miteinander agieren und vor allem harmonieren, ist außergewöhnlich. Viel besser als BMW das hier getan hat, kann man es mit einem Verbrenner schwerlich hinbekommen. Bis hierhin gleicht das Coupé freilich den entsprechenden Ausführungen im 3er, denn dort wird dieser Antriebsstrang in Limousine und Kombi ja ebenfalls angeboten.

Doch das neue Coupé fährt signifikant anders als der Dreier, wobei schon dieser in der Mittelklasse für sich betrachtet durchaus kein Langweiler ist. Doch der Vierer ist im Vergleich straffer abgestimmt, sportlich, direkt und dynamisch, dass einem selbst bei strömendem Regen die Spucke wegbleibt, wie präzise sich der Bayer im Grenzbereich bewegen lässt. Die Rückmeldung der Lenkung setzt in der Klasse Bestmarken. Einziges, kleines Manko: Wirklich komfortabel kann der 440i nicht, denn selbst im Komfortmodus geht das Gesamtpaket überaus stramm zur Sache – ohne tatsächlich unbequem zu werden.

BMW M440i (16 Bilder)

Die Front mit den Nieren in Form von Hasenzähnen scheidet die Betrachter: Befürwortung oder Ablehnung - BMW lässt dazwischen kaum Raum.

Die Fahrleistungen des BMW M440i xDrive Coupé sind dabei ebenso wie die fahrdynamischen Ansprüche auf einem Niveau, wie es noch vor wenigen Jahren nur ein echtes M-Modell bot. Aus dem Stand beschleunigt der 1,8 Tonnen schwere Allradler in 4,5 Sekunden auf Tempo 100 – ein M4 ist trotz über 100 PS mehr nur 0,3 Sekunden schneller in dieser Disziplin. Im M440i ist bei 250 km/h Schluss, die beiden M4 schaffen mit optionalem M Driver's Package 290 km/h. Im WLTP nennt BMW 7,5 bis 8,1 Liter. Wer im M440i dauerhaft weniger als 9 schafft, sollte sich fragen, ob er das richtige Auto gewählt hat.

Das Paket wird abgerundet durch alle Vorzüge, die diese Plattform mitbringt. Die Verarbeitung und erst recht die Materialauswahl sind spürbar besser als im Vorgänger, das teure Infotainment hervorragend, zumindest, solange es Empfang hat. Sitzriesen fällt auf, dass BMW die hintere Bank recht tief montiert hat. Die hier serienmäßigen Sportsitze sind sehr weitreichend einstellbar, inklusive der Lehnenbreite. Erstmals gibt es in einem Dreier-Derivat auch eine Sitzbelüftung.

Das M440i xDrive Coupé kostet 65.213 Euro. Es ist, wie so oft, nur als Start einer Reise durch die Preisliste anzusehen, wenngleich sie nicht mehr ganz so lange dauert, wie das früher einmal der Fall war. Anders ausgedrückt: BMW liefert eine halbwegs anständige Serienausstattung mit, wenngleich sich ohne es zu übertreiben locker weitere 10.000 Euro investieren lassen. Wer alles braucht, zahlt deutlich mehr als 85.000 Euro. Schwacher Trost: Ein M4 ist nochmals erheblich teurer, und die schärfste Ausbaustufe diesseits des Topmodells kommt diesem näher als je zuvor. Und die eigenwillige Front haben sie beide.

(mfz)