VW ID.Buzz im Fahrbericht: Elektrobus für Wohlhabende

Nach zahllosen Studien kommt der ID.Buzz nun in den Handel. Lang wurde er erwartet, doch ein elektrischer Bus für jedermann wird er nicht. Eine erste Ausfahrt.

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VW ID.Buzz
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Inhaltsverzeichnis

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Falls es tatsächlich so sein sollte, dass Warten das Verlangen steigert, müsste der ID.Buzz ein riesiger Erfolg werden. Auf unzähligen Messen machte VW den potenziellen Kunden immer wieder den Mund wässrig, um sie anschließend wieder auf irgendwann zu vertrösten. Nun geht der elektrische Bus endlich in Serie, doch ein Modell für jedermann wird er ganz gewiss nicht. Vielmehr bleibt er jenen vorbehalten, die eine ausgesprochen selbstbewusste Kalkulation mitgehen können.

Das umfangreich, keineswegs aber komplett ausgestattete Startmodell des ID.Buzz kostet 64.581 Euro, mit ein paar Klicks im Konfigurator sind es rasch mehr als 70.000. Da gibt es nichts zu beschönigen: Den E-Bus wird sich nur der sehr gut betuchte Teil der Interessenten leisten können. Wie fährt sich der ID.Buzz?

Unspektakulär: Dieses Wort beschreibt das Fahrgefühl am besten. Leise und nachdrücklich setzt sich der Bus in Bewegung, ganz so, wie man es von den anderen Modellen auf Basis des Modularen Elektrobaukastens kennt. Inklusive dem 75-kg-Norm-Fahrer wiegt der ID.Buzz mindestens 2,5 Tonnen, ein Wunder an Fahrdynamik kommt hier also nicht auf die Straße, doch das wird vermutlich auch niemand ernsthaft erwartet haben. VW hat sich für eine komfortable Auslegung des Fahrwerks entschieden, und das ist auch richtig so. Von schlechten Straßen oder Querfugen kommt nur wenig durch.

Bei 145 km/h ist Schluss, was im eher gemütlichen Bus weniger stört, als es zunächst vielleicht scheint. Wer weite Strecken über die Autobahn schnell zurücklegen will, ist hier grundlegend falsch. Für alles andere ist der ID.Buzz aber hervorragend gerüstet, denn sein Antrieb hat genügend Reserven, um auch einen beladenen Bus flott anzutreiben. Es macht eben einen Unterschied, ob ein Motor für einen Beschleunigungswunsch erst auf die richtige Drehzahl gebracht werden muss oder die Kraft einfach jederzeit spontan abrufbar ist.

VW ID.Buzz (4 Bilder)

Der VW ID.Buzz wird mit seinem Retro-Look viel Anklang finden. VW versucht, dies maximal auszuschlachten, denn der Bus ist sehr teuer.

Die Batterie ist die aktuell größte, die Volkswagen auf dieser Basis anbietet: 82 kWh sind es brutto, 77 netto. Im WLTP wird eine Reichweite von 420 km für das Basismodell genannt, der Verbrauch soll bei 18,9 kWh/100 km liegen. Zur Erinnerung: Verbrauch, Energiegehalt der Batterie und Reichweite lassen sich beim Elektroauto nicht einfach über einen Dreisatz ermitteln. Warum das so ist, haben wir in diesem Artikel beleuchtet:

Die Spitzenladeleistung wurde für alle Modelle auf Basis des MEB kürzlich angehoben, der ID.Buzz profitiert von dieser Ladebeschleunigung von Anfang an. VW nennt im Bus 170 kW, wie lange diese unter welchen Umständen anliegt, muss ein Test zeigen. Den Vorsprung, den Hyundai mit seiner 800-Volt-Spannungsebene hat, kann Volkswagen mit der Hälfte nicht mal eben ausgleichen. Die Koreaner liegen in dieser Hinsicht deutlich vorn. Wenigstens beherrscht der ID.Buzz Plug&Charge: Ladesäule ansteuern, Kabel rein, los gehts – eine sehr komfortable Lösung. Außerdem lässt sich die Traktionsbatterie als externer Speicher nutzen.

Mit einer Länge von 4,71 m ist der Bus etwa so lang wie ein VW Tiguan Allspace, aber die Proportionen sind natürlich gänzlich andere. Der Radstand misst im ID.Buzz 2,99 m, was reichlich Bewegungsfreiheit vorn wie hinten bedeutet. Der Kofferraum fasst minimal 1121 Liter, was auf dieser Verkehrsfläche nahezu konkurrenzlos ist. Falls das Raumangebot zu knapp sein sollte: Ab 2023 soll ein ID.Buzz mit längerem Radstand auf den Markt kommen. Serienmäßig sind zwei Schiebetüren, die optional elektrisch zu bedienen sind.

VW ID.Buzz (6 Bilder)

Sie sehen hier das aufpreispflichtige "Premium-Interieur". Es wirkt nicht ganz so bescheiden wie der Innenraum in ID.3 oder ID.4.

Die Rückbank lässt sich um 15 cm verschieben – eine Variabilität, die man von einem Bus erwartet, in vielen anderen Autos aber vermisst. Die Sitze sind vorne wie hinten bequem, VW ist in dieser Hinsicht die Routine in solchen Dingen anzumerken. Die Sitzposition ist noch etwas höher als im VW ID.4, allerdings weit entfernt vom Thron eines klassischen VW Busses. Das Gefühl hinter dem Lenkrad erinnert dann auch eher an einen Pkw als an einen Transporter.

Es bleibt spannend, ob eine ausreichend große Zahl an Kunden die ambitionierte Preisgestaltung mitgeht. Falls nicht, wird VW rasch nachlegen müssen, und die Anlagen dazu sind bereits gelegt. Der ID.Buzz Cargo ist eine weniger nobel ausgestattete Version, die es bislang nur ohne hintere Fenster gibt. Sich eine Variante vorzustellen, die mit einfacher Auskleidung, aber einer zweiten Sitzreihe und Fenstern hinten ausgestattet ist, fällt nicht schwer. Dazu eine kleinere Batterie, die VW auf dieser Basis ja im Sortiment hat, und fertig ist ein Basismodell, das für weniger Geld angeboten werden könnte. Überlegungen in diese Richtungen gibt es ziemlich sicher schon, doch VW wird zunächst jene bedienen, die den ID.Buzz unbedingt wollen und in der aktuellen Form auch bezahlen können.

Für die Zukunft dürfte es zudem preislich nicht nur nach unten gehen. Auch eine Version mit mehr Leistung, Allradantrieb und größerer Batterie ist sicher in Vorbereitung. Denn am Verhalten der bisherigen Kunden lässt sich eine gewisse Zahlungsbereitschaft ablesen. Der Skoda Enyaq (Test) beispielsweise wird mehrheitlich mit großer Batterie bestellt. Da liegt es nahe, dass einige Kunden für einen noch größeren Speicher auch mehr ausgeben würden, so Volkswagen den denn liefern könnte. Im nochmals deutlich teureren ID.Buzz dürfte das erst recht der Fall sein.

(mfz)