86 Milliarden Euro für die Modernisierung der Bahn

Bis zum nächsten „Wow-Effekt“

Einen „Wow-Effekt“ wird die „historische Modernisierungsoffensive für die Bahn“, auslösen, sagt Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer von der CSU. 86 Milliarden Euro werden Bund und Bahn bis 2030 dafür ausgeben. Eine Rekordsumme, auch im europäischen Vergleich unerhört viel Geld. Oder?

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Von
  • Florian Pillau
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Danke, Herr Verkehrsminister! Endlich passiert etwas! Ob ich dereinst wirklich mal einen „Wow-Effekt“ erlebe, interessiert einen in Legislaturen rechnenden Minister dann freilich längst nicht mehr. Leute, die es wissen müssen, sprechen von einer Unterfinanzierung von drei Milliarden Euro jährlich. Tatsächlich – spätestens beim Weiterlesen bis zur etwas weiter hinten versteckten Ansage, die Mittel „vor allem für Brücken, Weichen und moderne Stellwerke“ ausgeben zu wollen, können Zweifel aufkommen.

Vom mittlerweile ausufernd wuchernden Planungsrecht will ich an dieser Stelle gar nicht anfangen. Dass das Geld womöglich nicht einmal so schnell abgerufen werden können wird, wie es freigegeben werden soll, wäre ein eigenes Thema. Es beschäftigt zunehmend auch andere Ministerien, Stichwort Genehmigungen für den Windkraft-Ausbau. Bei der Bahn dürfte es Strecken und Bahnhofsbauten verlangsamen.

Der Minister kann nicht viel dafür

Geld für die nötigsten Reparaturen und Erhaltungsmaßnahmen also. Kein Wunder, nachdem die Bahn seit Jahrzehnten nicht einmal mehr in der Lage war, ihre Strukturen zu erhalten. Der aktuelle Minister kann nicht viel dafür, dass er es für ein Unternehmen in einem langjährigen Innovationsstau ausgeben muss. Er begann bereits nach dem Krieg und wurde nicht aufgelöst, während man in Wirtschaftswunderzeiten die autogerechte Stadt träumte. Später kam die Krise und auch danach fehlte immer der politische Wille.

Nach dem Zusammenfall des Ostblocks glaubte man „am Ende der Geschichte“ endlich den interventionistischen Staat zurückbauen zu können. Auf eine mühelose Friedensdividende hoffend überließ die Politik vieles dem Wettbewerb. Zu viel, wie heute selbst die Wirtschaft kritisiert. Im entfesselten Überschwang des neoliberalen Denkens hat die EU 1991 eine Privatisierung ihrer Bahnen beschlossen.