Big Tech ist zurück – wie nachhaltig ist die Stärke?

Ausrufezeichen aus Silicon Valley und Seattle: Die wertvollsten Techkonzerne der Welt liefern starke Bilanzen. Fraglich, ob der Trend an der Wall Street hält.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 3 Kommentare lesen
Kumamoto,,Japan,-,May,29,2020,:,Gafam,Apps,On

(Bild: Koshiro K / Shutterstock.com)

Lesezeit: 8 Min.
Von
  • Nils Jacobsen
Inhaltsverzeichnis

Welch einen Unterschied ein halbes Jahr machen kann. Gerade sechs Monate ist es her, als die Welt für die wertvollsten Unternehmen der Welt einzustürzen schien. Die sogenannten GAFAM-Konzerne – die Google-Holding Alphabet, Apple, die Facebook-Mutter Meta, Amazon und Microsoft – waren massiv unter Druck gekommen und sollten in der Spitze im vergangenen Jahr enorme fünf Billionen US-Dollar an Börsenwert ausradieren. Die Aktien von Apple bis Meta verloren im Börsenjahr 2022 zwischen 29 und sage und schreibe 65 Prozent.

Doch der schwerste Börsenabsturz seit eineinhalb Jahrzehnten scheint anno 2023 wie Schnee von vorgestern. Alle GAFAM-Aktien liegen seit Jahresbeginn um mindestens 20 Prozent (Alphabet) bis gar 100 Prozent (Meta) im Plus. Wie ist das bemerkenswerte Big-Tech-Comeback zu erklären? Mit der Erkenntnis, dass die Sorge vor einem schweren Absturz der Langzeitfavoriten des Technologiesektors ziemlich übertrieben war, wie die jüngste Quartalssaison dokumentiert, die in der vergangenen Woche an Fahrt aufgenommen hat.

Auch 2023 ist nämlich fast alles wie immer: Big Tech wächst – nur langsamer als in den Vorjahren. Wie nachhaltig die Geschäfte auch in wirtschaftlich herausfordernden Zeiten weiter anziehen, demonstrierte der nach Apple zweitwertvollste Konzern eindrucksvoll. Microsoft pulverisierte mit seinem neuen Zahlenwerk für das erste Kalenderquartal, das gleichzeitig bereits der dritte des laufenden Fiskaljahres ist, die Konsensschätzungen der Analysten. Für viel Aufmerksamkeit sorgt nicht zuletzt Microsofts Output an KI-Werkzeugen und die Zusammenarbeit mit ChatGPT-Macher OpenAI.

So konnte der Techpionier aus Seattle im Geschäftszeitraum von Anfang Januar bis Ende März den Umsatz im Vergleich zum Vorjahresquartal um 7 Prozent auf 52,9 Milliarden Dollar steigern, während die Wall Street lediglich mit Erlöszuwächsen von 51 Milliarden Dollar gerechnet hatte. Der Nettogewinn legte unterdessen sogar um 9 Prozent auf 18,3 Milliarden Dollar bzw. 2,45 Dollar je Anteilsschein zu – Analysten hatten nur mit 2,23 Dollar je Aktie gerechnet. Die Folge: Die Microsoft-Aktie legte in Reaktion auf das neuste Zahlenwerk im Wochenverlauf um knapp 9 Prozent zu.

Ebenfalls die zurückhaltenden Prognosen toppen konnte der wertvollste Internetkonzern der Welt. Google-Mutter Alphabet vermeldete zwar stagnierende Werbeumsätze, aber in der Gesamtheit um knapp 3 Prozent anziehende Erlöse, die sich im ersten Quartal 2023 auf 69,8 Milliarden Dollar beliefen; Analysten hatten lediglich mit 68,9 Milliarden Dollar gerechnet.

Die Konzerngewinne gaben indes erneut nach: Der Nettoüberschuss reduzierte sich um 8 Prozent von 16,43 auf 15,05 Milliarden Dollar. Trotzdem konnte die Wall Street der Geschäftsentwicklung im ersten Quartal etwas Positives abgewinnen, denn der Pionier bei der Internetsuche konnte mit einem Gewinn je Aktie von 1,17 Dollar die Konsensschätzungen deutlich übertreffen. Ebenso vertrauensstiftend für Anleger: Alphabet strebt einen satten Rückkauf der eigenen Aktien in Höhe von 70 Milliarden Dollar an.

Auch der nach Alphabet zweitwertvollste Internetkonzern vermochte im ersten Quartal mit einem auf den ersten Blick überraschend starken Zahlenwerk zu verblüffen: Amazon lieferte im Wortsinne: So konnte der bereits 29 Jahre alte Branchenpionier in den ersten drei Monaten des neuen Geschäftsjahres die Erlöse um robuste 9 Prozent von 116,4 auf 127,4 Milliarden Dollar steigern; Analysten hatten lediglich mit Umsätzen von 124,5 Milliarden Dollar gerechnet.

Auch die Gewinnentwicklung verlief deutlich über den Markterwartungen: Nach Nettoverlusten in Milliardenhöhe im Vorjahresquartal, die auf Abschreibungen an der Beteiligung am Elektroautohersteller Rivian zurückzuführen waren, konnte Amazon nunmehr unter dem Strich einen Profit von 3,2 Milliarden Dollar ausweisen, der gleichfalls einem Gewinn je Aktie von 31 Cent entsprach. Analysten hatten lediglich mit einem Profit von 21 Cent je Anteilsschein gerechnet.