Dieser Amateur-Astronom hat 101 Kleinplaneten entdeckt

Erwin Schwab wurde erstmals 1998 fündig. Im Interview erklärt er, wo man die besten Chancen hat, auf einen bisher nicht bekannten Kleinplaneten zu stoßen.

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Observatorium unter kreisförmigen Sternenspuren

(Bild: xavier gallego morell/Shutterstock.com)

Lesezeit: 9 Min.
Inhaltsverzeichnis

1981 begann der Amateurastronom Erwin Schwab, die Bahnen von Kleinplaneten zu vermessen. 1998 entdeckte er seinen ersten Asteroiden. Seitdem hat er 101 Kleinplaneten selbst und 12 im Team entdeckt. 49 von ihnen tragen bereits Namen, einen davon hat er nach seiner Lieblingsstadt benannt: Darmstadt. Außerdem hat er ein lange gesuchtes Sternensystem gefunden.

Herr Schwab, Sie gehören zu der weltweiten Top-Liga von Amateur-Astronomen und haben mittlerweile über 100 Kleinplaneten entdeckt. Was ist so interessant an Kleinplaneten?

Wo fange ich an? Etwa 1979 hat mich auf der Sternwarte Heppenheim ein Amateur-Astronom, der da schon ein bisschen länger aktiv war, auf eine bestimmte Sternkonstellation hingewiesen. Und dann haben wir 15 Minuten später wieder hingesehen, und es hatte sich etwas verändert. Das hat mich fasziniert. Dass das Weltall eben nicht statisch ist, sondern dynamisch.

Und zwar so dynamisch, dass man sogar innerhalb von 15 Minuten die Veränderung der Position von Kleinplaneten sehen kann. Das geht bei anderen Objekten nicht unbedingt so. Wenn Sie den Orion-Nebel oder die Andromeda-Galaxie anschauen, müssten Sie schon hunderte oder tausende von Jahren warten, um eine Veränderung festzustellen.

Das hat mich fasziniert und ich bin da eingestiegen. Zu dem Zeitpunkt habe ich noch nicht geglaubt, dass ich irgendwann mal irgendwas entdecken werde. Das kam erst gut 20 Jahre später. Meinen ersten Kleinplaneten habe ich 1998 entdeckt.

Insgesamt gibt es nur drei deutsche Amateur-Astronomen, die mehr als 100 Kleinplaneten entdeckt haben, der Wolf Bickel, der Sebastian Hönig und ich. Wenn mir das jemand in den 70er- oder 80er-Jahren jemand gesagt hätte, dass ich so weit komme, den hätte ich für verrückt erklärt.

Erwin Schwab arbeitet normalerweise am GSI Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt. In seiner Freizeit widmet er sich der Astronomie.

(Bild: Erwin Schwab)

War Ihre erste Entdeckung Zufall oder haben Sie gezielt gesucht?

Wir haben schon damit gerechnet, Kleinplaneten zu entdecken. In Heppenheim haben wir im Team gearbeitet. Da war ich noch nicht so ein Einzelgänger. Damals hatten wir eine neue Kamera gekauft.

Die Kameraentwicklung ist der Grund, warum die Amateure eingestiegen sind in das Entdecken von Kleinplaneten. In den 80er-Jahren hat man noch mit Filmen fotografiert. Ein Film hat eine Quanteneffizienz, also Lichtausbeute von ungefähr fünf Prozent. Fünf Prozent des Lichtes, das dort ankommt, wird in Signale umgewandelt. Die Digitalkameras, die dann rauskamen, hatten 40 Prozent Quanteneffizienz. Heute ist man bei 80 bis 90 Prozent.

Wie das?

Inzwischen benutzt man so einen lichtempfindlichen CCD-Chip in jedem Handy. Diese Sensoren waren in den 90er-Jahren die Knaller.

Die nutzen das Licht besser aus, weil es von hinten auf den Sensor fällt und deshalb nicht durch Leiterbahnen abgeschattet wird, oder?

Genau. Diese Chips wurden eigentlich für die Astronomie entwickelt. Und jetzt werden sie inzwischen in Smartphones eingesetzt. Was wieder günstig ist für die Amateur-Astronomen, weil dadurch, dass die jetzt im großen Stil gebaut werden, kommen natürlich auch die Amateur-Astronomen wiederum günstiger ran, weil natürlich die Produktionsraten viel größer sind.

Warum braucht man mehr Lichtempfindlichkeit?

Kleinplaneten sind recht dunkel. Die sind ungefähr eine Million mal lichtschwächer als die Objekte, die Sie noch mit bloßem Auge sehen. Wir nennen das Magnitude. Wenn Sie Kleinplaneten entdecken wollen, dann müssen Sie schon jenseits der 21. Magnitude fischen. Mit bloßem Auge erkennen Sie noch Objekte der 6. Magnitude.

Die Helligkeitsklasse, an die Amateure mit analogen Kameras ran kamen, waren schon alle abgegrast. Mit digitalen Kameras sollte sich aber noch etwas entdecken lassen. Wir mussten allerdings extra eine Mitgliederversammlung einberufen, weil so eine Kamera ziemlich viel gekostet hat.

Wie viel?

Das waren etwa 20.000 Mark. Für den Verein war das natürlich viel Geld. Und dann haben wir mit der Digitalkamera angefangen und da habe ich dann auch meinen ersten Kleinplaneten entdeckt.

Was für eine Auflösung hat so eine Kamera?

Das kann ich Ihnen jetzt gar nicht sagen. Das müsste ich erst mal ausrechnen. Aber die Auflösung ist für das Entdecken von Kleinplaneten gar nicht so wichtig. Wichtig ist die Lichtempfindlichkeit. Und dass sie die Position von einem Kleinplaneten exakt vermessen. Die muss auf Bogensekunden genau sein.

Inzwischen muss man nicht nur eine gute Kamera haben, sondern auch ein dickes Fernrohr, um noch Kleinplaneten zu entdecken. Das war in den 90er-Jahren anders. Damals haben wir angefangen mit Fernrohren, die 20 Zentimeter Durchmesser haben. Inzwischen brauchen wir schon einen halben Meter Durchmesser.