LaLeTu: Leseflüssigkeit im Zusammenspiel mit KI trainieren

Seite 2: Umgang mit Bugs und Betas

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Sehr experimentierfreudige Lehrkräfte können schon seit einiger Zeit Funktionen in der Beta ausprobieren. Sie werden dabei vor möglichen Fehlfunktionen gewarnt. Die lesenden Kinder erhalten allerdings keinen Hinweis, dass sie gerade mit einem unausgereiften System arbeiten. Ein bekannter Fehler ist etwa, dass ein richtig gelesener Text fast vollständig als Hinzufügung eingestuft wird. Die Bewertung der Leseleistung fällt dadurch besonders schlecht aus – es wurde quasi kein Wort an der richtigen Stelle erkannt. Entsprechend weniger lobend fällt dann auch die Beurteilung aus, wie heise online beim Testen feststellen konnte.

Ist eine Funktion noch als Beta gekennzeichnet, wird genauer erklärt, was das bedeuten kann. Der "Auto Modus" ist beispielsweise derzeit noch als Beta gekennzeichnet. Mit ihm sollen automatisch Aufgaben zusammengestellt werden.

(Bild: Screenshot, Stand 08.01.2024)

Dieser Zustand soll allerdings nur noch für circa zwei Wochen anhalten, erklärte Iglesias. Dann sollen die Aufgabentypen im Beta-Stadium "in ihrer finalen und weitestgehend fehlerfreien Form zur Verfügung stehen". Man habe sich darauf konzentriert, aus dem Beta-Stadium herauszukommen, statt eine weitere Nachverarbeitung einzubauen, um Fehler in den Beta-Auswertungen zu ermitteln. Das sei eine Frage des Ressourceneinsatzes gewesen.

Befinden sich Funktionen noch in der Beta, werden sie in der Regel kostenlos zur Verfügung gestellt. LaLeTu-intern heißt das, dass das LaLeTu-Minutenbudget hierdurch nicht belastet wird.

Hat die Spracherkennung auch außerhalb der Betas durch inhärente Fehler oder Bugs Kinder schlechter bewertet als nötig, können Lehrkräfte dies über den integrierten Hilfe-Button melden. Über diesen kann ein Screenshot oder ein Video erstellt werden, um Bugs besser eingrenzen zu können. Die falsche Analyse wird damit bisher aber nicht von der übergreifenden Leistungsdiagnose ausgeklammert, sodass diese an Aussagekraft verliert. Hier soll ebenfalls nachgefasst werden.

Wie sich beim Testen der Software durch heise online zeigte, funktioniert die Spracherkennung im regulären Angebot tatsächlich nicht immer völlig fehlerfrei. Das Wort "Käpt'n" wurde bei unseren Tests mehrfach richtig vorgelesen und doch wurde das Wort jedes Mal als falsch vorgelesen gewertet. Wie Entwickler Iglesias erklärt, hat man es hier tatsächlich mit einem Problem zu tun, an dem fortwährend gearbeitet wird. Der Spracherkennung sind nicht alle deutschen Worte geläufig, zudem können Eigennamen von Protagonisten in Geschichten Probleme machen und auch Wortneuschöpfungen von Autorinnen und Autoren überfordern die Erkennung noch. Falsch analysiert werden mitunter aber nicht nur seltenere deutsche Worte, sondern auch das englische Wort "Marshmallow". In einem ansonsten deutschem Text wurde es als falsch vorgelesen angestrichen.

Lehrkräfte müssen dies wissen, bevor sie an den Fähigkeiten der vorlesenden Kinder zweifeln und sollten deshalb nachschauen und nachhören, woran es tatsächlich beim Vorlesen gehapert hat. Das wiederum macht LaLeTu einfach, da Fehlerstellen im Text optisch hervorgehoben werden und diese angezeigten Fehler mit der Audiodatei abgeglichen werden können. Die Löschfrist für die bei den Übungen erstellten und gespeicherten Aufnahmen der Kinder beträgt ein Jahr.

Erklärungsbedürftig bleibt in der aktuellen LaLeTu-Version zudem, ab wann ein vorgelesener Text monoton gelesen oder überbetont wurde. Um Kindern deutlich zu machen, was von ihnen genau in diesem Punkt erwartet wird, fehlt es an abrufbaren Sprachvorbildern. Laut Klett befinden sich diese noch in der Entwicklung. Die Herausforderung sei hier, dass "die vorgelesenen Texte auch wirklich altersgemäß, perfekt und standardisiert vorgelesen werden."

Spannend wird die Fortentwicklung von LaLeTu da, wo es darum geht, inwieweit die Ausprägung eines Bayerischen oder Sächsischen Dialekts die Bewertung der Leseleistung beeinflusst. Ein starker Dialekt könnte ohne spezielles Training dazu führen, dass die Spracherkennung viele Fehler ankreidet. LaLeTu soll Dialekte und sprachliche Färbungen aber bis zu einem gewissen Grad schon jetzt zulassen. Ohne die getroffenen Gegenmaßnahmen könnte der Software sonst schnell auch eine Form der Spracherziehung vorgeworfen werden, die kulturelle Ausprägungen nivelliert.

Daniel Iglesias erklärte gegenüber heise online, dass die Nutzerschaft von LaLeTu momentan so über Deutschland verteilt ist, dass ausreichend Daten zu Dialekten und dialektischen Färbungen erhoben werden können. Dadurch soll die Spracherkennung weiter trainiert werden.

(Bild: LaLeTu, Daniel Iglesias)

Zugleich soll LaLeTu bald auch in der Lage sein, Menschen mit anderen Muttersprachen als Deutsch bei der Aussprache deutscher Wörter gezielt zu unterstützen und neben Deutsch auch weitere Sprachen für die Benutzeroberfläche anbieten – an Englisch wird derzeit gearbeitet, weitere Sprachen sollen im Laufe des Jahres folgen.

Für weiterführende Hilfen können Lehrkräfte schon jetzt bei den Schülerinformationen eintragen, mit welcher Muttersprache ein Kind aufgewachsen ist – diese Eintragungen werden entsprechend anonymisiert im System hinterlegt. Iglesias zufolge ist es für Menschen eine große Herausforderung, sich Akzente abzutrainieren und neue Aussprachemuster anzugewöhnen. Wie wichtig der Einbezug der Muttersprache beim weiteren Sprachenlernen sein könnte, kann etwa eine aktuelle Studie der Universität Padua deutlich machen. Laut der Studie nehmen Kinder schon während der Schwangerschaft Sprachmelodien und Betonungen wahr. Spracherfahrungen würden demnach die funktionelle Organisation des kindlichen Gehirns bereits vor der Geburt prägen.

Weitere Funktionen, die derzeit noch in der Entwicklung sind und noch nicht ausprobiert werden können, sind unter anderem Stilleseübungen, um das Textverständnis zu prüfen. Des Weiteren soll später auch das Prüfen des Hörverständnisses möglich sein, unter anderem wie bei Antolin durch Quizfragen und andere automatisierte Abfragemethoden.

LaLeTu kann momentan via Browser genutzt werden; eine Internetverbindung ist unerlässlich. Für die Nutzung auf dem Tablet wird derzeit eine Android- und iOS-App entwickelt. Theoretisch ist LaLeTu auch via Smartphone nutzbar, davon rät Klett aber ab. Die zu lesenden Texte würden dort nur sehr klein dargestellt.

(kbe)