Opel ab 2028 nur noch als Elektroauto

Der Verbrennungsmotor hat bei der Marke Opel ein Verfallsdatum bekommen: Ab 2028 wird es ihn in Europa bei Opel nicht mehr geben. Was plant der Konzern?

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Opel Mokka-e

Der Mokka-e ist derzeit so gefragt, dass die Kunden lange Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Das soll sich so nicht wiederholen.

(Bild: Stellantis)

Lesezeit: 7 Min.
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Opel hat fraglos harte Jahre hinter sich. Lange Zeit schrieb die Marke nur rote Zahlen. Was auch immer man an guten Autos diesem Umstand entgegensetzte, verpufft spätestens mittelfristig. General Motors gab schließlich auf, PSA übernahm den Laden. Was folgte, war eine schmerzhafte Sanierung, CEO Carlos Tavares ist nicht dafür bekannt, sich in dieser Hinsicht übermäßig lange mit Sentimentalität aufzuhalten. Immerhin hatte das schonungslose Vorgehen zur Folge, dass die Marke Opel, dessen Ende einige schon prognostizierten, wieder Gewinne macht.

Trotz einiger Schwächen in der Modellpalette ist das nicht verwunderlich. Noch ist der für das Flottengeschäft so wichtige Insignia nicht mit einem elektrifizierten Antrieb zu haben, gleiches gilt für Astra. Sie stammen in den aktuellen Versionen noch aus der GM-Zeit, selbst eine Hybridisierung der Antriebe hätte viel zu teure Eingriffe erfordert. Von Modellen wie Adam und Karl (Test) hat sich Opel schon getrennt, die Rendite war zu gering.

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Erfolg hat Opel derzeit vor allem mit dem Kleinwagen Corsa und den SUVs Mokka, Crossland und Grandland. Sie alle nutzen die PSA-Plattform. Der Grandland profitiert davon, dass es gleich zwei Plug-in-Hybride gibt, die beide mit üppigen staatlichen Fördermitteln versehen werden. Mokka und Corsa sind vor allem als Elektroautos stark gefragt, was nicht zuletzt daran liegt, dass die Konkurrenz hier recht übersichtlich ist. Volkswagen und Ford beispielsweise haben nicht einmal ansatzweise etwas Vergleichbares im Sortiment. Dass mit der Überarbeitung von VW Polo und Seat Ibiza nicht nachgezogen wurde, mag noch verständlich sein. Volkswagen scheut in dieser margenarmen Klasse den Aufwand. Dass es aber auch im neuen Skoda Fabia keinen wie auch immer elektrifizierten Antrieb gibt, ist eine bemerkenswerte Entscheidung.

Aus PSA ist inzwischen der 14-Marken-Großkonzern Stellantis geworden, und dort gibt es eine klare Marschrichtung für die einzige Marke mit einem Stammsitz in Deutschland. In Europa will Opel ab 2028 ausschließlich batterieelektrische Antriebe anbieten. Das hat tiefgreifende Folgen für das gesamte Angebot. Der aktuelle Opel Corsa kam 2019 auf den Markt, ein Nachfolger dürfte irgendwann ab 2026 zu erwarten sein. Hier wird Stellantis kaum den konstruktiven Aufwand betreiben, noch Platz für einen Verbrennungsmotor vorzusehen.

(Bild: Stellantis)

Der nächste Astra startet im Januar 2022 in den Verkauf. Bislang sind zwei Benziner, ein Diesel und zwei Plug-in-Hybride vorgesehen. Auf die Frage, ob der Kompakte auch als batterieelektrisches Auto auf den Markt kommt, hüllten sich die Verantwortlichen bei den Validierungsfahrten in ein lächelndes Schweigen. Es wäre eine große Überraschung, wenn Stellantis die Möglichkeiten der Plattform nicht nutzen würde. Die Konkurrenz darf darauf nicht hoffen.

Wir rechnen damit, dass es im kommenden Jahr ein Update für den bestehenden Elektroantriebsstrang geben wird. Bislang sind die Eckdaten in jedem Modell gleich: 100 kW Motor- und Ladeleistung, 50 kWh Energiegehalt der Batterie. An welcher Stellschraube Stellantis als Erstes drehen wird – und wie intensiv – ist ein streng gehütetes Geheimnis. Meine Vermutung, und es ist tatsächlich momentan nicht mehr: Batteriekapazität und Motorleistung steigen leicht, die Ladeleistung eher nicht. Eine solche Aktualisierung dürfte kurzfristig erfolgen, sie könnte schon bis zum Sommer 2022 vorgestellt werden.

Langfristig sehen die Pläne deutlich umfangreicher aus. In den kommenden vier Jahren will Stellantis rund 30 Milliarden Euro in die Entwicklung von elektrischen Antrieben und Software stecken. Vier Plattformen sind geplant, die hauptsächlich für batterieelektrische Autos optimiert sind, aber auch für die Elektrifizierung samt Verbrennungsmotoren geeignet sein sollen. Stellantis definiert diese zunächst vor allem über die Reichweite.

  • STLA Small, zum Beispiel für den Opel Corsa oder den Peugeot 208, Reichweite bis zu 500 Kilometer
  • STLA Medium für das C- und D-Segment also unter anderem für Opel Astra und Peugeot 308, Reichweite bis zu 700 Kilometer
  • STLA Large ist für Fahrzeuge ab der oberen Mittelklasse vorgesehen, Reichweite bis 800 km
  • STLA Frame-Architektur, für Modelle mit Leiterrahmen, also Pick-ups. Reichweite bis 800 km

Kombiniert wird das mit drei skalierbaren Antriebsmodulen. Daraus ergibt sich ein breites Angebot von Batteriegrößen und Motorleistungen.

Reichlich Geld wird in die Entwicklung von Batterien investiert. Im Vergleich zum vergangenen Jahr sollen sie 2024 rund 40 Prozent billiger herzustellen sein, bis 2030 sollen es dann noch einmal 20 Prozent weniger sein. Stellantis plant zwei Zellvarianten: eine mit hoher Energiedichte und eine kobaltfreie Nickel-Alternative. Ab 2026 sollen Batterien mit festem Elektrolyt dazukommen. Bis 2025 rechnet der Konzern mit benötigten Kapazitäten von über 130 Gigawattstunden (GWh), bis 2030 sind es dann schon mehr als doppelt so viel. Damit diese Nachfrage gedeckt ist, platziert der Automobilkonzern fünf "Gigafactories" in Europa und Nordamerika.

Zusätzlich sichert sich Stellantis mit Lieferverträgen mit Batterieherstellern ab. Situationen, in denen der Wunsch nach einem Elektroauto nur mit monatelangen Wartezeiten zu erfüllen ist, will kein Autokonzern wieder erleben. Denn die Konkurrenz wächst, und damit die Gefahr, dass auch Lieferfristen zu einem relevanten Kaufkriterium werden.

Zugleich soll Opel auch auf dem chinesischen Markt antreten. Dort taten sich die Franzosen bislang schwer. Vielleicht hilft ihnen dort ja ausgerechnet die Neuinterpretation eines deutschen Klassikers. Die Rückmeldung auf den Manta GSE muss insgesamt so überwältigend gewesen sein, dass die Entscheidung gefallen ist, die Modellreihe wiederzubeleben. Schon ab 2025 könnte es wieder einen Manta geben, dann vermutlich ausschließlich als batterieelektrisches Auto. Die Basis dafür liefert der Astra.

Spannend bei all den Plänen wird sein, wie Stellantis die 14 Marken voneinander abgrenzen will. Einen ersten Fingerzeig darauf liefert eine scheinbare Nebeninformation: Front- und Allradantrieb waren zu erwarten, ein Hinterradantrieb nicht unbedingt. Letzterer könnte dazu dienen, Marken wie Alfa Romeo spür- und erfahrbar vom Rest abzuheben. Die aktuelle Giulia ist in dieser Hinsicht ein überaus attraktives Auto. Trotz aller Sparanstrengungen muss das auch der Nachfolger werden. Andernfalls braucht es die Markenvielfalt nicht, die Stellantis hat.

Mehr als eine grobe Orientierung, wie man sich einen neuen Manta vorzustellen hat, liefert das erste Bild einer Studie nicht. Mit den grazilen Formen des Originals hat das natürlich nichts mehr zu tun.

(Bild: Stellantis)

Opel indes richtet sich nicht auf anspruchsvolle Nischen ein, sondern auf den Massenmarkt. Die Chancen, dort zu reüssieren, sind mit dem klaren Fahrplan in Richtung Elektromobilität gestiegen. Denn mittelfristig werden diese Antriebe an allen Fronten den Verbrenner überholen – sofern nicht schon geschehen. Noch braucht es reichliche Subventionen, damit ein Corsa-e bei den Gesamtkosten einen vergleichbaren Corsa mit Benziner unterbietet. Spätestens bis 2026, so die Prognose bei Stellantis, ist das vorbei. Die Pläne, alle Mittel in Richtung Elektromobilität zu verschieben, dokumentieren das.

(mfz)