Bauernproteste: Diesel-Subventionen sind das falsche Schlachtfeld

Wenn es bei den Bauernprotesten tatsächlich ums Geld geht, dann müsste sich ihr Protest gegen andere Akteure richten, meint TR-Redakteur Gregor Honsel.

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(Bild: Anton_Medvedev / Shutterstock.com)

Lesezeit: 3 Min.

Ist ein Geschäftsmodell so auf Kante genäht, dass es von staatlicher Unterstützung in Höhe von ein paar tausend Euro im Jahr abhängt, dann muss sich doch die Frage stellen: Warum ist das so?

Eine Antwort findet sich in jedem Supermarkt-Regal. Bauern bekamen beispielsweise für ihre Milch jahrelang keine 40 Cent pro Liter (derzeit sind es immerhin etwas mehr). Niemand sollte sich wundern, dass zu diesen Preisen kaum nachhaltig produziert werden kann. You get what you pay for.

Auf ähnliche Phänomene stößt man auch, wenn es um die Bewirtschaftung trockengefallener Moore geht, einen reduzierten Dünger- und Pestizideinsatz, Hecken und Blühstreifen für die Artenvielfalt. Regelmäßig heißt es: Das ist wirtschaftlich nicht machbar. Logisch – wenn neben dem Ertrag noch andere Ziele zu berücksichtigen sind, wird es halt teurer.

Die Antwort darauf könnten nun noch mehr Subventionen sein, oder zumindest gezieltere, die Bauern für umweltfreundliches Wirtschaften belohnen. Oder eine noch stärker auf Effizienz getrimmte Landwirtschaft. Aber beides ändert nichts daran, dass Lebensmittel hierzulande mitunter absurd billig sind. Bei Discountern ist der Liter Milch schon für deutlich unter einem Euro zu haben, der Becher Joghurt für unter 40 Cent. Die Preise regelt der Markt, heißt es gerne. Doch der Aufstand rund um die Diesel-Subventionen zeigt: Hier wurde der Markt längst untergepflügt.

Ein Kommentar von Gregor Honsel

Gregor Honsel ist seit 2006 TR-Redakteur. Er glaubt, dass viele komplexe Probleme einfache, leichtverständliche, aber falsche Lösungen haben.

Statt gegen die Politik sollten sich die Bauern vielleicht stärker gegen Rewe, Edeka, Aldi oder Lidl solidarisieren, um höhere Preise durchzusetzen. Den Handelskonzernen kann das im Prinzip egal sein: Sie können die gestiegenen Kosten schließlich an ihre Kunden weiterreichen.

Doch wäre das nicht unsozial – noch höhere Lebensmittelpreise in diesen Zeiten, in denen viele ohnehin schon unter steigenden Lebenshaltungskosten leiden? Im Gegenteil: Das Subventionsgestrüpp ist nicht nur eine zentrale Ursache der wuchernden Bürokratie, es ist auch ungerecht. Die künstlich heruntersubventionierten Lebensmittelpreise kommen schließlich nicht nur Bedürftigen zugute, sondern auch Besserverdienenden. Nur rund 11,5 Prozent ihres Einkommens geben Deutsche im Schnitt für Lebensmittel aus, Tendenz sinkend. EU-weit sind es durchschnittlich über 13 Prozent. Kaum jemand wird sich hierzulande einschränken müssen, wenn Grundnahrungsmittel ein paar Prozent teurer werden. Die eingesparten Subventionen könnte man dazu nutzen, um gezielt den wirklich Bedürftigen zu helfen – etwa in Form eines höheren Bürgergelds.

Eine gesunde Landwirtschaft sollte uns (als Gesellschaft und als Verbraucher) etwas wert sein. Dazu müssen wir nicht auf sinkende Erzeugungskosten schielen, sondern höhere Preise akzeptieren.

(grh)