Die Woche: SCO: Chance vertan

Seit Jahren sorgt die SCO Group mit Prozessen für Unruhe in der Linux-Welt. Jetzt hat das Unternehmen nach einer wichtigen juristischen Schlappe Gläubigerschutz beantragt. Dabei hätte man auch einen ganz anderen Weg gehen können.

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Im Frühjahr 2003 begann die unendliche Geschichte des juristischen Kampfes der SCO Group gegen die Linux-Welt mit einem Paukenschlag: Das Unternehmen verklagte IBM auf eine Milliarde US-Dollar Schadensersatz. IBM, so der Vorwurf, habe im Rahmen seines Linux-Engagements geistiges Eigentum von SCO gestohlen und damit Linux überhaupt erst zu einem ernsthaften Konkurrenten des eigenen, kommerziellen x86-Unix gemacht. Es folgten Drohungen gegen Linux-Anwender, -Entwickler und -Distributoren, Behauptungen, angebliche Beweise, Verzögerungen durch immer neue Anträge vor Gericht sowie Prozesse gegen Linux-Anwender, gegen Red Hat und gegen Novell – eine ständig akualisierte Liste der Meldungen zum Thema dokumentiert den Verlauf der Geschichte.

Die Auseinandersetzung mit Novell nimmt dabei eine besondere Rolle ein, geht es dabei doch um die Frage, welche der beiden Firmen das Copyright an Unix hält. Der Vertrag, mit dem Novell Unix an die SCO Group verkaufte, lässt hier Interpretationsspielraum. Im August hat nun ein Gericht entschieden: Die Unix-Rechte liegen bei Novell; dem Linux-Anbieter stehen vermutlich Lizenzzahlungen von SCO in zweistelliger Millionenhöhe zu. Als Folge brach der Aktienkurs der SCO Group von 1,50 Dollar auf 40 US-Cent ein: Die Börsenwelt ist sich offenbar einig darin, dass dieses Urteil den Forderungen der SCO Group den Boden unter den Füßen wegzieht und dass von den Aktivitäten im Softwaremarkt – den angekündigten neuen Versionen OpenServer 6M und UnixWare 7M sowie Produkten im Mobilbereich – wirtschaftlich kein Durchbruch zu erwarten ist.

Jetzt hat SCO Gläubigerschutz nach Chapter 11 beantragt: Das Unternehmen erklärt damit seine Zahlungsunfähigkeit, erhält aber die Gelegenheit, seine Geschäfte fortzuführen und sich zu reorganisieren. In dem Antrag (PDF-Datei) erklärt SCO-Chef Darl McBride, dass die Lizenzforderungen von Novell sein Unternehmen in den Bankrott treiben würden. Außerdem weist er auf das rückläufige Unix-Geschäft hin, was er auf die Konkurrenz durch Linux zurückführt und auf den Umstand, dass immer mehr Hardware- und Software-Anbieter ihre Produkte lieber für Linux entwickeln und zertifzieren als für SCOs Unix. Der Handel mit der SCO-Aktie, die nach der Bankrotterklärung auf 20 Cent abgestürzt ist, wird demnächst eingestellt. Dabei hätte SCO durchaus andere Optionen gehabt.

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