Edit Policy: Artikel 17 im EU-Urheberrecht - Umsetzung nicht ohne Uploadfilter

Erst wurde vollmundig versprochen, dass Artikel 17 keine Uploadfilter zur Folge hätte. Dann gab man zu, dass es nicht ohne welche gehen würde. Sie kommen.

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Edit Policy: Bandbreite in der Pandemie – Hält das Internet?

(Bild: asharkyu/Shutterstock.com/Diana Levine)

Lesezeit: 10 Min.
Von
  • Felix Reda
Inhaltsverzeichnis

Im letzten Jahr führte die Verabschiedung der EU-Urheberrechtsrichtlinie zu Massenprotesten in Deutschland. Befürchtungen, dass sich der zentrale Artikel 17, der Onlineplattformen unmittelbar für die Urheberrechtsverletzungen Dritter verantwortlich macht, ohne den Einsatz verpflichtender Uploadfilter kaum wird umsetzen lassen, haben sich bislang bewahrheitet.

Vor kurzem hat das Bundesjustizministerium seinen Vorschlag zur Umsetzung von Artikel 17 vorgelegt. Dieser Diskussionsentwurf sieht wie erwartet den Einsatz von Uploadfiltern vor, zeugt aber gleichzeitig auch von dem Bemühen, die Zahl der fälschlichen Sperrungen legaler Inhalte zumindest zu reduzieren. Ob sich die Vorgaben der Richtlinie aber überhaupt mit den Grundrechten vereinbaren lassen, bleibt äußerst zweifelhaft.

Kolumne: Edit Policy

(Bild: 

Volker Conradus, CC BY 4.0

)

In der Kolumne Edit Policy kommentiert der ehemalige Europaabgeordnete Felix Reda Entwicklungen in der europäischen und globalen Digitalpolitik. Dabei möchte er aufzeigen, dass europäische und globale netzpolitische Entwicklungen veränderbar sind, und zum politischen Engagement anregen.

Eins muss man Justizministerin Christine Lambrecht lassen: Sie hat es geschafft, einen Umsetzungsvorschlag für die wohl unpopulärste EU-Regelung der letzten Jahre vorzulegen, der nicht sofort mit Entrüstungsstürmen quittiert wurde. Das vermag nicht darüber hinwegzutrösten, dass eine Umsetzung des Uploadfilter-Paragrafen, Artikel 17 der Richtlinie zum Urheberrecht im Digitalen Binnenmarkt, gar nicht notwendig wäre, wenn die Bundesregierung im vergangenen Jahr im Rat gegen die Reform gestimmt hätte. Im Koalitionsvertrag von Union und SPD steht nämlich, den Einsatz von Uploadfiltern zur Verhinderung von Urheberrechtsverletzungen lehne die Bundesregierung als unverhältnismäßig ab.

Seit dem Ja der Bundesregierung zur EU-Urheberrechtsreform ist klar: Deutschland muss die Regelungen umsetzen. Artikel 17 selbst kann nur noch vor Gericht gestoppt werden, wenn sich dieser als unvereinbar mit der EU-Grundrechtecharta erweist. Das ist durchaus denkbar, denn der Europäische Gerichtshof hatte ähnliche pauschale Filterpflichten in der Vergangenheit bereits kassiert. Bis dahin bleibt Justizministerin Lambrecht (SPD), die zum Zeitpunkt der Verabschiedung von Artikel 17 noch nicht im Amt war, nichts anderes übrig, als bei der nationalen Umsetzung Schadensbegrenzung zu betreiben, damit die Proteste nicht wieder von Neuem entflammen.

Tatsächlich zeigt der nun veröffentlichte Entwurf für ein Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz, dass die Stimme der Nutzer*innen von Online-Plattformen nicht mehr ignoriert werden kann. Mit einer Reihe von konkreten Vorschlägen will das Justizministerium versuchen, den Schaden durch Uploadfilter für die Meinungs- und Informationsfreiheit zu reduzieren. Dies beginnt mit der Definition der Online-Plattformen, die von dem neuen Urheberrechts-Diensteanbieter-Gesetz betroffen sein sollen.

Das Gesetz soll sich auf solche Plattformen beschränken, die durch die profitorientierte Aufbereitung von "User Generated Content", also von Dritten hochgeladenen Inhalten, mit traditionellen Online-Inhaltediensten in Konkurrenz um dasselbe Publikum treten. Also ist Konkurrenz zu Streamingdiensten, die Inhalte selbst auf Basis von gekauften Lizenzen bereitstellen, eine Voraussetzung, um Artikel 17 befolgen zu müssen.

Bei YouTube lässt sich argumentieren, dass dort ähnliche Inhalte wie auf Spotify oder Netflix geteilt werden und ein solches Konkurrenzverhältnis besteht – dieser Dienst wäre also von der Umsetzung von Artikel 17 betroffen. Anders sieht es aber etwa bei Diskussionsforen wie reddit oder Datingplattformen wie Tinder aus. Diese können nun darauf hoffen, von der Pflicht zum Einsatz von Uploadfiltern verschont zu bleiben, weil sie in keinem Konkurrenzverhältnis zu Online-Inhaltediensten stehen, die Lizenzen direkt von den Rechteinhabern erwerben.

Außerdem sieht der Gesetzesentwurf vor, kleine Plattformen mit einem Jahresumsatz von weniger als einer Million Euro aus Gründen der Verhältnismäßigkeit von der Verpflichtung zum Einsatz von Uploadfiltern zu befreien.