DiGA: Gesetzliche Krankenkassen sehen keinen Durchbruch bei Apps auf Rezept

Digitale Gesundheitsanwendungen stecken nach Meinung der gesetzlichen Krankenkassen noch immer in Kinderschuhen. Auch die Preisgestaltung sehen viele kritisch.

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(Bild: metamorworks/Shutterstock.com)

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Inhaltsverzeichnis

Bisher lassen sich bei der Mehrheit der digitalen Gesundheitsanwendungen keine "positiven Versorgungseffekte" nachweisen, wie aus dem Bilanzbericht des Verbands der gesetzlichen Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) hervorgeht. "Mit vielen Vorschusslorbeeren sind DiGA in die Versorgung gestartet. Aber den Erwartungen sind sie bisher nicht gerecht geworden. Die Gesundheits-Apps stecken auch nach über zwei Jahren noch in den Kinderschuhen", sagt Stefanie Stoff-Ahnis, Vorstand beim GKV-Spitzenverband.

Demnach sind zwei Drittel der digitalen Gesundheitsanwendungen im Verzeichnis lediglich vorläufig aufgenommen – das ist auch ohne hinreichende Evaluierung der Wirksamkeit möglich. Verschreiben lassen sich nur diejenigen DiGA, die in dem Verzeichnis des Bundesamts für Arzneitmittel und Medizinprodukte (BfArM) aufgeführt sind. Voraussetzung für die Aufnahme in das Verzeichnis ist, dass der Hersteller verschiedene Eigenschaften wie Sicherheit, Funktionstauglichkeit, Qualität, Interoperabilität, Datenschutz und positive Versorgungseffekte nachweisen kann.

Eine dauerhafte Aufnahme kann nach 24 Monaten im Zuge von Verhandlungen mit den Krankenkassen erfolgen. Dabei müssen die Hersteller die Wirksamkeit der App nachweisen. "Die unverändert hohe Quote von DiGA auf Probe zeigt aber, dass oftmals noch offenbleibt, was die Angebote wirklich bringen", sagt Stoff-Ahnis.

Digitale Gesundheitsanwendungen können von Ärzten sowie Psychotherapeuten seit ungefähr zwei Jahren verschrieben werden. Die teils kritisierten hohen Kosten für die "Apps auf Rezept" tragen hierbei die Krankenkassen. "Die derzeit höchsten Preise sind bemerkenswerterweise alle bei Erprobungs-DiGA zu verzeichnen und liegen zwischen 599 Euro und 952 Euro für ein Quartal. Es besteht somit kein kausaler Zusammenhang zwischen der Höhe der Preise einerseits und dem nachgewiesenen Nutzen andererseits," heißt es in dem Bericht. Es sei sogar so, dass es selbst bei digitalen Gesundheitsanwendungen, deren Erprobungszeitraum aufgrund mangelnder Wirksamkeit im ersten Jahr verlängert wurde, zu deutlichen Preiserhöhungen kam.

Preisentwicklung der DiGA

(Bild: GKV-Spitzenverband)

Drei Erprobungs-DiGA sind ganz aus dem DiGA-Verzeichnis gestrichen worden, drei weitere Anwendungen wurden nicht mit all ihren Funktionen vom Bundesamt für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in das DiGA-Verzeichnist aufgenommen. Dennoch mussten sowohl die gestrichenen als auch die nicht vollständig zugelassenen Gesundheitsanwendungen von den gesetzlichen Krankenkassen finanziert werden – obwohl keine Verbesserung der Versorgung für Versicherte nachgewiesen werden konnte. Zudem kritisiert der GKV-Spitzenverband, dass die Hersteller die Preise für die DiGA "innerhalb des ersten Jahres ins DiGA-Verzeichnis – beliebig festlegen" können. Inzwischen seien die Herstellerpreise gegenüber zum Vorjahr "nochmals um 20 Prozent gestiegen" und würden damit weit über Preise für vergleichbare digitale Anwendungen liegen.

Dennoch sieht Stoff-Ahnis "großes Potenzial", da DiGA "die Patientinnen und Patienten beim Erkennen oder Überwachen von Krankheiten unterstützen können." Daher fordert der GKV-Spitzenverband, dass der Gesetzgeber der scheinbar beliebigen Preisgestaltung im ersten Jahr der Aufnahme in das DiGA-Verzeichnis "schleunigst einen Riegel" vorschiebt. Die "Wirtschaftsförderung mit Beitragsgeldern" sei im Gegensatz zur Sicherung der Patientenversorgung nicht Aufgabe der Krankenkassen – vor allem, da DiGA derzeit lediglich eine Ergänzung zur bestehenden Versorgung sind.

Es sei notwendig, ausschließlich DiGA mit "klaren medizinischen Nutzen" ins Verzeichnis aufzunehmen. Außerdem fordert der GKV-Spitzenverband, dass verhandelte Preise nicht nachträglich erhöht werden dürfen und dass sowohl die Ärzte als auch der GKV-Spitzenverband in den Zulassungsprozess mit einbezogen werden.

Erst kürzlich hat auch ein von der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB) in Auftrag gegebenes Gutachten ergeben, dass ein Nachweis über den medizinischen Nutzen der DiGA aufgrund der mangelnden wissenschaftlichen Tiefe der Wirksamkeitsstudien oft nicht erbracht wurde. Daher hatte auch die KVB von der Politik gefordert, den wissenschaftlichen Erkenntnissen Gehör zu schenken und die Aufnahmekriterien der Gesundheits-Apps in das DiGA-Verzeichnis des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nachzubessern. Außerdem monierte die KVB, die Verschwendung von Krankenkassenbeiträgen für digitale Anwendungen fragwürdigen Nutzens – diese Beiträge würden an anderer Stelle im Gesundheitswesen dringend gebraucht.

(mack)