Die Telecom-Branche wird vom Fusionsfieber gepackt

Mit ihrem Appetit auf Zukäufe wie etwa beim kolportierten Interesse am US-Mobilfunker Sprint Nextel ist die Deutsche Telekom nicht allein in Europa. Vor allem der Rivale France Telecom schaut sich um.

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Von
  • Martin Murphy
  • dpa

Das Fusionsfieber hat die Telekommunikationskonzerne wieder gepackt. Im Zentrum steht die Deutsche Telekom, die nach Zukäufen in den Niederlanden, den USA und Österreich nun weitere Akquisitionen auslotet. Auch Konkurrent France Telecom schaut sich um. Vor wenigen Tagen hatten Freenet und Debitel ihren Zusammenschluss bekantgegeben. Auch von der spanischen Telefonica und der niederländischen KPN gab es Gerüchte über ein Zusammenrücken. Ganz oben auf der Einkaufsliste von Telekom-Vorstandschef René Obermann steht der griechische Marktführer OTE, mit dem die Bonner ihre Position in Südosteuropa stärken wollen. Obermanns Blick geht aber über OTE hinaus. Wie aus dem Konzern verlautet, werden derzeit verschiedenste Optionen geprüft.

"Eine davon ist die Übernahme des drittgrößten US- Mobilfunkanbieters Sprint Nextel", sagt eine mit den Vorgängen vertraute Person. Mit der Akquisition würde die Telekom an den US-Marktführern AT&T Wirless und Verizon Wireless vorbei an die Spitze des amerikanischen Mobilfunkmarkts stürmen. Ob aber tatsächlich eine Offerte vorgelegt werde, sei offen, hieß es. Der Deal hat nämlich seine Haken und Ösen. Sprint nutzt zum einen eine andere Übertragungstechnik (T-Mobile USA setzt auf GSM, Sprint Nextel auf CDMA bzw. iDEN) Außerdem verliert der Konzern Kunden. Martin Gutberlet von der Marktforschungsgesellschaft Gartner warnt daher: "Sprint/Nextel passt nicht zu dem Bonner Telekommunikationskonzern."

Zudem könnte die Akquisition trotz des schwachen Dollar und des Kursverfalls der Sprint-Aktie teuer werden. Frank Rothauge von Sal. Oppenheim schätzt den Preis auf rund 30 Milliarden Dollar. Hinzu kommen Schulden von rund 20 Milliarden Dollar. Die Übernahme würde also in der Liga von VoiceStream (heute T-Mobile USA) liegen, deren Kauf die Telekom tief in die roten Zahlen getrieben hatte. Vor dem Mitte 2000 angekündigten Erwerb hatte die Telekom auch die Übernahme von Sprint geprüft. Die Telekom wollte Konsolidierer sein und nicht übernommen werden, wie Ex-Vorstandschef Ron Sommer kürzlich die Motivation für die Übernahme erklärte.

Diese Strategie verfolgt auch Obermann, der eine Konsolidierung unter den rund einhundert Netzbetreibern in Europa erwartet. "Unser Unternehmen will (dabei) die Führungsposition in Europa halten", sagte Obermann kurz nach seinem Amtsantritt vor anderthalb Jahren. Das Zukäufe nicht immer reibungslos verlaufen, zeigt sich am Beispiel OTE. Für 2,5 Milliarden Euro will die Telekom die Führung an dem Marktführer Griechenlands übernehmen, stößt allerdings auf Widerstand bei den Gewerkschaften und Teilen der Politik. Um die Übernahme unter Dach und Fach zu bringen, ist Finanzvorstand Karl-Gerhard Eick nach Athen gereist.

Mit den Zukäufen verfolgt Obermann ein wichtiges Ziel: Obwohl die Telekom ihr Deutschlandgeschäft zusehends in den Griff bekommt, erholt sich der Kurs der T-Aktie nicht. Wichtige Aktionäre wie der Bund und der Finanzinvestor Blackstone werden daher unruhig, wie es im Konzernumfeld heißt. Impulse für die Aktie sollen nun Zukäufe bringen. "Die Telekom muss sich außerhalb von Europa umschauen, um endlich eine Wachstumsgeschichte zu bekommen", sagt Gartner-Experte Gutberlet. Er rät dem Konzern daher zu Zukäufen in den Schwellenländern Asiens.

Mit ihrem Appetit auf Zukäufe ist die Telekom nicht allein in Europa. Vor allem der Rivale France Telecom schaut sich um. So prüfen die Franzosen eine Übernahme des skandinavischen Konkurrenten TeliaSonera. Bei einer Verschmelzung würde das kombinierte Unternehmen die Telekom als europäischen Marktführer ablösen. Dem Vernehmen nach hat die Telekom daher die Fühler auch Richtung TeliaSonera ausgestreckt, verfolgt aber eine Übernahme nicht ernsthaft. Da gehe es mehr darum, die Lage im Blick zu behalten. (Martin Murphy, dpa-AFX) / (jk)