EU-Kommission: Einfuhr von Spielzeug nur noch mit digitalem Produktpass

Importeure sollen elektronische Konformitätsnachweise auch für online vertriebene Spielsachen an den EU-Grenzen vorlegen. Toxische Stoffe bleiben draußen.

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(Bild: Shutterstock/Gorodenkoff)

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Mit einer neuen Verordnung will die EU-Kommission die bisherige Richtlinie über die Sicherheit von Kinderspielzeug in der EU verschärfen. Die Vorschriften sollen damit zudem unmittelbar in allen Mitgliedsstaaten gelten. Mit dem am Freitag veröffentlichten Gesetzentwurf will die Brüsseler Regierungsinstitution dafür sorgen, dass in der EU nur noch geprüftes Spielzeug verkauft wird. Dazu soll ein digitaler Produktpass für alle auf dem Binnenmarkt verfügbaren Spielsachen Pflicht werden. Dieser wird dem Plan nach über deren Konformität mit der vorgeschlagenen Verordnung Aufschluss geben.

Importeure müssten künftig entsprechende elektronischen Nachweise für alle – auch online vertriebene – Spielzeuge an den EU-Grenzen vorlegen, betont die Kommission. Mit einem neuen IT-System würden nach dem Inkrafttreten der Verordnung alle digitalen Produktpässe an den Außengrenzen überprüft und jene Sendungen ermittelt, die eingehende Zollkontrollen erfordern. Die Inspektoren der Mitgliedstaaten und Zollbeamte blieben weiterhin für Kontrollen von Spielzeug zuständig. Für den Fall, dass von unsicherem Spielzeug Risiken ausgehen, die in der Verordnung nicht eindeutig geregelt sind, soll die Kommission verlangen können, dass solche Artikel vom Markt genommen werden müssen.

Gefahren von Spielzeug, die mit dem Einsatz digitaler Technologien verbunden sind – etwa Fragen der Cybersicherheit oder Datenschutzbelange, "sind nicht Gegenstand der vorgeschlagenen Verordnung", erläutert die Kommission. Derlei Fragen würden bereits in anderen, breiter ausgerichteten, kürzlich erlassenen oder auf den Weg gebrachten Rechtsvorschriften angegangen. Mit dem geplanten Cyber Resilience Act etwa sollen Produkte "mit digitalen Elementen" wie Hard- und Software mit weniger Schwachstellen auf den Markt kommen. Hersteller müssten die Cybersicherheit "während des gesamten Lebenszyklus eines Produkts" garantieren und Updates bereitstellen.

Mit dem neuen Vorschlag soll zudem nicht nur das derzeitige Verbot von karzinogenen, mutagenen oder reproduktionstoxischen Stoffen in Spielzeug beibehalten, sondern auch die Verwendung weiterer schädlicher Chemikalien untersagt werden. Verboten würden mit dem Vorhaben etwa giftige Verbindungen, "die das endokrine System oder das Atmungssystem beeinträchtigen oder für ein bestimmtes Organ toxisch sind".

Die Initiative begründet die Kommission damit, dass eine Evaluierung der geltenden Vorschriften "eine Reihe von Schwachstellen bei der praktischen Anwendung der Richtlinie seit ihrer Annahme im Jahr 2009" aufgezeigt habe. Diese hätten sich etwa auf den Schutz gefährdeter Personengruppen bezogen. Zudem sei herausgekommen, dass die Richtlinie – vor allem in Bezug auf den Online-Handel – effizienter umgesetzt werden müsse. "Die Durchsetzung wird durch digitale Technologien optimiert, mit denen unsicheres Spielzeug vor allem an den EU-Grenzen leichter aufgespürt wird", freute sich EU-Binnenmarkt-Kommissar Thierry Breton nun. "Somit trägt der Vorschlag zu gleichen Wettbewerbsbedingungen für die verarbeitende Industrie in der EU – insbesondere für KMU – bei."

Das EU-Parlament forderte schon vor über einem Jahr mehr Datenschutz und IT-Sicherheit bei Spielzeug, das mit dem Internet verbunden werden kann. Es betonte, dass vernetzte Spielsachen "neue Schwachstellen schaffen und ein Risiko für die Sicherheit, die Privatsphäre sowie die psychische Gesundheit von Kindern darstellen". Die Abgeordneten appellierten an die Hersteller, Sicherheitsmechanismen direkt in die Technik ihrer "Smart Toys" zu integrieren, um Cyber-Bedrohungen zu reduzieren ("Security by Design"). Die EU-Kommission sollte diese Aspekte auch gesetzlich verankern. Die Parlamentarier bekräftigten, Online-Marktplätze müssten dazu verpflichtet werden, Sicherheit und Konformität des auf ihren Plattformen verkauften Spielzeugs zu gewährleisten.

Hierzulande stufte die Bundesnetzagentur zunächst bis Ende 2020 drei vernetzte Spielzeuge als "verbotene Sendeanlagen" ein. Diese "Spione im Kinderzimmer" dürfen damit in Deutschland nicht mehr vertrieben und genutzt werden, da sie tief in die Privatsphäre der Anwender eingreifen. Die Entscheidungen betreffen etwa die 2017 aus dem Verkehr gezogene Puppe "My Friend Cayla". Diese enthält ein Mikrofon, das Fragen der Kinder aufnimmt und in die Cloud schickt, um Antworten zu ermöglichen. Gesperrt sind zudem ein Roboter, der ebenfalls mit dem Nachwuchs kommuniziert, und ein ferngesteuerter Spielzeugpanzer, der Fotos schießt und überträgt.

(tiw)