Ein Jahr Bedenkzeit: Deutschland unterstützt Bidens Anti-Spyware-Erklärung

Mit Staaten wie Irland und Polen hat sich jetzt auch Deutschland verpflichtet, gegen die Verbreitung und den Missbrauch kommerzieller Spähsoftware vorzugehen.

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Eine Gruppe von Menschen, unter ihnen der US-Außenminister, posiert vor einem Gebäude für ein Foto.

US-Außenminister Antony Blinken (Mitte) im Kreise der Unterzeichner der Spyware-Erklärung auf dem 3. Gipfeltreffen für Demokratie in Seoul.

(Bild: Chuck Kennedy/US State Department)

Lesezeit: 3 Min.

Das Weiße Haus hat am Montag auf einem Gipfel für die Demokratie in Seoul sechs neue Länder in einem von US-Präsident Joe Biden vorangetriebenen Pakt zum Einhegen von Spyware begrüßt. Neben Finnland, Irland, Japan, Polen und Südkorea hat demnach jetzt auch Deutschland eine schon knapp einjährige gemeinsame Erklärung unterzeichnet. Deren Ziel ist es, die Verbreitung und den Missbrauch kommerzieller Spyware wie Pegasus der NSO Group oder Predator von Intellexa zu bekämpfen. Zu den Unterstützern der ersten Stunde gehören neben den USA Australien, Costa Rica, Dänemark, Frankreich, Großbritannien, Kanada, Neuseeland, Norwegen, Schweden und die Schweiz.

Die Beteiligten erkennen die Bedrohung an, die durch die missbräuchliche Verwendung einschlägiger Spionageprogramme entsteht. Sie befürworten daher "die Notwendigkeit strenger nationaler und internationaler Kontrollen der Verbreitung und Verwendung solcher Technologien". Auf nationale Staatstrojaner etwa im Gebrauch von Polizei und Geheimdiensten bezieht sich die Übereinkunft nicht. Das Ampel-Regierungsbündnis will laut seinem Koalitionsvertrag die Eingriffsschwellen für den Einsatz von staatlicher und kommerzieller Überwachungssoftware hochlegen und die bestehenden Befugnisse etwa für Ermittler so anpassen, dass immer die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichtes für heimliche Online-Durchsuchungen zu beachten sind.

Der Staat werde daher "keine Sicherheitslücken ankaufen oder offenhalten", sondern sich in einem Schwachstellenmanagement "immer um die schnellstmögliche Schließung bemühen", hat sich die Koalition weiter ins Stammbuch geschrieben. Trotzdem zögerte die Bundesregierung zunächst, sich dem Pakt gegen Spyware anzuschließen. Sie sah noch Abstimmungsbedarf. Aus dem Auswärtigen Amt hieß es voriges Jahr dazu: "Zentral sind dabei für uns das in der Erklärung vorgesehene Schutzniveau für Menschenrechte und Grundfreiheiten sowie das Zusammenspiel mit und der Mehrwert gegenüber bestehenden Verpflichtungen." Nun sind sämtliche Bedenken offenbar ausgeräumt.

Der Missbrauch von Spähsoftware stellt der Deklaration zufolge "ein erhebliches und wachsendes Risiko für unsere nationale Sicherheit dar, auch für die Sicherheit unseres Regierungspersonals, unserer Informationen und unserer Informationssysteme". Es bestehe ein außenpolitisches Interesse, kommerzielle Spyware einzuhegen. Es sei etwa entscheidend, Aktivisten, Dissidenten und Journalisten gegen Bedrohungen ihrer Freiheit und Würde zu verteidigen. Mindestens 74 Länder hätten mit Firmen Verträge über den Erwerb von Spyware abgeschlossen, erklärten die US-Geheimdienste jüngst in ihrer jährlichen Bedrohungsanalyse. Vor einem Jahr bezifferte die Biden-Administration die Zahl der US-Regierungsmitarbeiter, die vermutliche oder bestätigt Ziele von Angriffen mit Spähsoftware waren, auf 50. Diese Zahl habe sich seitdem noch vergrößert, ließ ein Mitarbeiter des National Security Council der USA gegenüber CNN durchblicken. Parallel geht das Weiße Haus mit Sanktionen gegen Hersteller vor.

(olb)