IAA

Elektroauto: Konzeptfahrzeug Opel Experimental mit "klarer Vision für die Marke"

Ideen für die Zukunft des Elektroautos zeigt Opel in einem Konzept mit dem Namen der ersten deutschen Studie von 1965. Kaum überraschend ist es ein Crossover.

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Opel Experimental
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Inhaltsverzeichnis

Opel stellt mit dem Konzeptfahrzeug namens Experimental auf der IAA in München (5. bis 10. Sept. 2023) seine Vorstellungen für die Zukunft des Elektroautos vor. Wenig überraschend ist es nach der seit geraumer Zeit angesagtesten Karosserieform eines Crossovers gestaltet, ganz bewusst knüpft der Name an eine 1965 erstmals gezeigte Studie an. Opel ordnet es dem kompakten C-Segment zu. Präsentieren soll es Ideen für die Zukunft aus den Bereichen Aerodynamik, Leichtbau und Infotainment. Gleichzeitig soll es ein unverwechselbares Markengesicht stärken. Das Ergebnis kann Opel wohlklingend als Designphilosophie bezeichnen, und von dieser sollen alle künftigen Modelle geprägt sein.

Aufgrund der Wirkung der zeitlosen Linien in ihren "beeindruckenden Proportionen" des "sich verjüngenden Profils mit glatten Oberflächen" sollen unter anderem Zierelemente aus Chrom überflüssig werden. Interessant, dass das so explizit erwähnt wird, aber erklärlich: Eine ähnliche Verachtung des Ornaments zugunsten purer Formen wurde bereits nach den Chromexzessen der 50er-Jahre zu einer Chiffre für Modernität. Nur der Kunde wollte es immer wieder anders. Chromzierat ist heute wieder gesellschaftlich akzeptiert, auch dank des neu erschlossenen fernöstlichen Kundenkreises.

Als Anker der Wiedererkennung könnte zunächst das uralte Markenzeichen "Blitz" und die später eingeführte "Bügelfalte" dienen. An der Studie ist sie zusätzlich beleuchtet, als misstraue man der unterbewusst automatisch ablaufenden Mustererkennung im Hirn des Betrachters. Halt findet der Blick dann auch am ebenfalls bereits bekannten Opel Vizor, am Experimental nun schon in vierter Generation. Klar, dass funktionelle Elemente wie Lidar-, Radar- und Kamerasysteme bei der Gestaltung von vornherein mitgedacht waren, um die Linienführung am Ende möglichst schlüssig wirken zu lassen.

Opel Experimental (9 Bilder)

Wenig überraschend erscheint Opels Studie in Form eines Crossovers.

Die Aerodynamik verlässt sich nicht mehr allein auf die Formen-Hardware, sie führt auch adaptive Elemente ein, die je nach Geschwindigkeit und Anforderung die Umströmung respektive die Zonen des Strömungsabrisses aktiv gestalten können. So soll beispielsweise der Diffusor je nach Fahrsituation aus- oder einfahren, auch Luftklappen an Front und Heck sollen Einfluss nehmen können, um die Effizienz und damit die Reichweite des Elektroautos steigern zu helfen: Ab 2028 will Opel eine reine Elektromarke sein. Neu ist daran aber nur, dass adaptive Aerodynamik – sobald umgesetzt – den Bereich teurer Sportwagen verlässt.

Seinen äußeren Abmessungen nach sei der Opel Experimental zum kompakten C-Segment zu rechnen, biete jedoch einen Innenraum in den Dimensionen, wie man sie von Fahrzeugen des D‑Segments erwarte. Nun – wohl nicht ganz, Opel spricht vorsichtig lieber von "Raumgefühl". Ein tatsächlicher Gewinn wäre allerdings ein Geschenk an alle, die nicht verstehen können, warum die Autos der vergangenen zwanzig Jahre außen immer größer und dabei innen vergleichsweise enger geworden sind.

Opel nennt die dafür nötige intelligente Raumnutzung humorig "Space Detox" und geht dabei auch unkonventionelle Wege. So soll sich das Lenkrad dank Steer-by-Wire-Technologie wegklappen lassen. Und wie immer bei komplexen ingenieursgestalteten Vorrichtungen hängt auch beim Auto alles mit allem zusammen, was beispielsweise die großen Effekte des Downsizing erklärt, bei dem etwa ein kleinerer Motor eine Verkettung glücklicher Vorteile für das Gesamtprodukt hervorruft. In Opels Studie ersetzen ein paar leichte Kabel die Lenksäule mit ihren stählernen Kardangelenken und dem Schiebestück. Die Lenkung gibt damit ein Beispiel für gleichzeitige Platz- und Gewichtsoptimierung.

Fast unvermeidlich bei Opel ist das Thema "Sitze", ein Thema, das man spätestens seit der "Aktion Gesunder Rücken" bei Opel in guten Händen weiß. In der Studie zeigt Opel adaptive Leichtbausitze, die hohen Komfort bieten, das Gesamtgewicht senken und den Raum besser nutzen helfen sollen.

Dass weniger mehr sein kann, soll der Einsatz von Augmented-Projection-Technologie anstelle der heute dominierenden Bildschirme demonstrieren. Wenn dadurch die oft gefährlich blickablenkende Bedienmöglichkeit über den Touchscreen wegfällt, bekommt eine Steuerung über natürliche Sprachbefehle, unterstützt durch Künstliche Intelligenz eine große Bedeutung. Das Ganze nennt Opel "Pure Experience", weil auch hier viel weggelassen werden kann.

Bei allem Verzicht: ein bisschen Bling-Bling soll dann doch noch helfen, diejenigen abzuholen, die den ganzen Purismus nicht nachvollziehen. So lassen "elektrochrome Materialien die Passagiere im Innenraum in ein atmosphärisches Licht eintauchen und vermitteln so einen hohen Wohlfühl-Faktor", was auch immer damit gemeint sein soll. Damit das nicht auf dem Niveau regenbogenrülpsender Einhörner stehenbleibt, verweist Opel auch auf die praktischen Errungenschaften reaktiver Stoffe. So sollen Fahrzeuge im toten Winkel auch als farbliche Warnung an der Innenseite der jeweiligen Tür angezeigt werden können.

Opel möchte mit dem Aussteller seine "klare Vision für die Marke" demonstrieren und verweist dabei auf seine Tradition. So habe man 1965 mit dem Experimental GT als erste europäische Marke eine Designstudie präsentiert.

(fpi)