Energiewende-Index: Deutschland hinkt bei Smart Meter und Wärmepumpen hinterher

Beim Strommarkt-Umbau für die Erneuerbaren kommt die Bundesrepublik laut einer Studie im europäischen Vergleich kaum voran. Die Flexibilitätslücke ist groß.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 858 Kommentare lesen

(Bild: pan demin/Shutterstock.com)

Update
Lesezeit: 4 Min.
Inhaltsverzeichnis

Bei der Umsetzung der Energiewende liegt Deutschland im Vergleich mit 13 anderen europäischen Ländern nach wie vor ziemlich weit zurück. Dies geht aus dem vierten Bericht für den Index für die Bereitschaft zur Transformation des Strommarkts (Energy Transition Readiness Index) hervor, den der britische Fachverband Association for Renewable Energy and Clean Technology (REA) jetzt zusammen mit dem Energiemanagement-Unternehmen Eaton veröffentlicht hat. Die Bundesrepublik erreicht dabei auf der Skala von eins bis fünf, auf der fünf den höchsten Wert darstellt, mit einer Drei minus nur einen Platz im unteren Mittelfeld zusammen mit Italien und Spanien. Lediglich die Schweiz, Griechenland und vor allem Polen schneiden noch schlechter ab.

Mit dem Index bewerten die Macher die einbezogenen Länder hinsichtlich der gesellschaftlichen Unterstützung für die Energiewende, ihrer Fähigkeit, neue Technologien und Geschäftsmodelle hierfür zu nutzen, und der Offenheit ihres Marktes für Optionen rund um die vielbeschworene "Flexibilität auf der Nachfrageseite" beim Energieverbrauch. Letztere ist gefragt, um einen Ausgleich zwischen Angebot und Bedarf sicherzustellen. Vor allem die Elektromobilität und Wärmepumpen sollen demnach verstärkt in den Markt kommen, aber möglichst dann grünen Strom aus dem Smart Grid ziehen, wenn keine Knappheit herrscht. Zudem sind Speicher nötig.

Wärmepumpen sind in Deutschland laut der Analyse trotz deutlicher Bemühungen von Bundesregierung und Bundestag weiter vergleichsweise gering verbreitet. Hierzulande kommen demnach auf 1000 Haushalte lediglich 38 Geräte, während es in Norwegen 625, in Schweden 503 und in Finnland 438 sind. Diese skandinavischen Länder führen zusammen mit Dänemark die Rangliste in dem Index generell an.

Die Verbreitung von intelligenten Stromzählern in der Bundesrepublik geben die Autoren überraschenderweise nur noch mit einem Prozent an. Dabei handelt es sich aber offenbar um einen Fehler, da die Durchdringungsquote mit Smart Meter in den Berichten für die beiden vorausgegangenen Jahre jeweils bei 17 Prozent lag. Eine Anfrage von heise online dazu blieb am Samstag zunächst unbeantwortet.

Intelligente Stromzähler und die zugehörigen Schnittstellen gelten als Schlüsselkomponenten für die Kontrolle und Abrechnung dezentraler Flexibilitätsoptionen wie etwa Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach. Die nordischen Länder erreichen hier eine Durchdringung von bis zu 100 Prozent. Zu Deutschland merken die Autoren an, dass die Politik eine Smart-Meter-Offensive gestartet habe und sich der Verbreitungsgrad bis 2030 auf 95 Prozent steigern solle.

Deutschland verfügt unter den Vergleichsstaaten über den größten Strommarkt und weist auch die höchste Produktionsmenge an Strom aus erneuerbaren Energien in Terawattstunden (TWh) aus. 2022 erreichte der Anteil der Erneuerbaren am Gesamtverbrauch der Bundesrepublik 45 Prozent – gegenüber 41 Prozent im Vorjahr. Solar- und Windkraft machten 33 Prozent des jährlichen Verbrauchs aus, ein Plus von 29 Prozent gegenüber 2021. Deutschland hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 80 Prozent der Energie aus erneuerbaren Quellen zu erzeugen. Der Verbrauch dürften dann bei 658 TWh liegen. Dies würde eine Steigerung der erneuerbaren Erzeugung um 277 TWh gegenüber 185 TWh in 2021 erfordern.

Besonders Wind und Sonne als volatile Energieträger erfordern mehr Flexibilitätsressourcen, um ein stabiles Stromnetz zu gewährleisten. Die Verfasser warnen hier vor einer vergleichsweise großen Lücke in Deutschland. Um die notwendigen Kapazitäten zu schaffen, sollten ihnen zufolge die wirtschaftspolitischen Rahmenbedingungen für private Investitionen in diesem Bereich verbessert werden. Insgesamt habe die Bundesrepublik aber – zusammen mit Großbritannien – seine Attraktivität für Investoren rund um die Erneuerbaren bereits deutlich erhöht.

Update

Von Eaton hieß es inzwischen, die angegebene Verbreitungsrate von einem Prozent bei intelligenten Stromzählern sei korrekt. Im Gegensatz zu den Vorjahren stünden mittlerweile mehr Informationen über die Anzahl der umzustellenden Messstellen zur Verfügung. Laut einer im Juli veröffentlichten Studie seien von den 51 Millionen Zählpunkten in Deutschland nur 0,26 Prozent mit einem Smart Meter ausgestattet. Neueste Untersuchungen der Forschungsstelle für Energiewirtschaft sprächen von rund einem Prozent, was Eingang in den Index gefunden habe.

(bme)