Fotos vom Fließband

Raw-Konverter werben mit schnellem Durchsatz und konsequent nichtdestruktiver Bearbeitung, bei der das Originalbild erhalten bleibt. Bewaffnet mit JPEG- und TIFF-Unterstützung, fischt so mancher bereits in den Gewässern der klassischen Bildbearbeitungen.

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Bis vor Kurzem fristete diese Software-Spezies noch ein Exotendasein. Doch die Aussicht, Hunderten von Bildern mit relativ wenig Aufwand einen individuellen Look verleihen zu können, reizt mehr und mehr Hobbyfotografen. Ein idealer Raw-Konverter geht noch weit über die Fließbandbearbeitung hinaus: Er hilft auch beim Gestalten von Diashows, Fotobüchern oder HTML-Galerien, ohne dass man die Raws vorher in andere Bildformate konvertieren muss. Apple hat bei seiner Workflow-Lösung Aperture die Raw-Engine so eng mit dem Layout-Modul verzahnt, dass sich Farben, Belichtung und Charakter von Bildern perfekt aufeinander abstimmen lassen; aufwendige und wiederholte Konvertierungen sowie ständige Programmwechsel erübrigen sich damit.

Einige Testkandidaten geben sich auch mit universellen Formaten wie JPEG und TIFF ab, sodass sie durchaus als Alternative zu klassischen Foto-Editoren in Frage kommen. Zum Test haben wir geladen: Capture One Pro 4.5.1 von Phase One, DxO Optics Pro 5.3.1 von DxO Image Science, Adobe Photoshop Lightroom 2.1 und das von Franzis vertriebene Silkypix Developer Studio 3 für Mac OS X und Windows, Lightzone 3.6.1 von Lightcrafts, das über Windows und Mac OS X hinaus auch Linux bedient, sowie die reinen Mac-Konverter Apple Aperture 2 und Iridient Digital RAW Developer 1.8. Vom mit Spannung erwarteten Bibble 5 war anders als versprochen leider noch keine testbare Version verfügbar.

Raw-Konverter arbeiten vor allem deshalb so konsequent nichtdestruktiv, weil sie es müssen. Die Rohdaten liegen in einer denkbar schlecht zu bearbeitenden Form vor, einer Matrix aus Helligkeitswerten nebst Farbfilter-Array, dem Bayer-Muster. Um das Bild manipulieren und anzeigen zu können, muss der Konverter aus diesen beiden Komponenten die RGB-Werte jedes Pixels berechnen (Bayer-Interpolation) und kann das bearbeitete, nunmehr in RGB-Werten vorliegende Bild logischerweise nicht mehr in die Roh-Datei zurückschreiben. Theoretisch ließen sich zwar die Korrekturanweisungen dort einbetten, doch da die Kamerahersteller ihre Formate nicht ausreichend dokumentieren, lassen die Software-Entwickler das Raw lieber gänzlich unangetastet.

Stattdessen stellen sie ihm entweder eine Begleitdatei zur Seite oder verwalten die Korrekturen zentral in ihrer Datenbank. Der Raw-Konverter steht normalerweise am Anfang des Workflows. Profis nutzen ihn häufig als Vorstufe zur Bildbearbeitung, doch vielen Amateurfotografen dürfte ein solides Raw-Workflow-Tool mit guten Ausgabe- und Publishing-Möglichkeiten für die meisten Fotoprojekte genügen, beispielsweise die Rundum-Sorglos-Pakete Aperture oder Photoshop Lightroom. Deren Datenbanken sammeln nicht nur Korrekturanweisungen, sondern helfen auch beim Organisieren von Raws und Fotos in klassischen Bildformaten wie JPEG oder TIFF. Per Bildvergleich unterstützen sie beim Aussortieren, erledigen Verwaltungsaufgaben wie Umbenennen und Verschlagworten, filtern nach Metadaten und erstellen auf Wunsch statische und dynamische Auswahlen auf Grundlage von Stichwörtern, Datum oder ISO-Zahl. Aus solchen Auswahlen wiederum basteln die Pakete eine Diashow, eine Website oder ein Fotobuch.

Reine Dateikonverter wie Capture One, DxO Optics Pro, Lightzone, RAW Developer und Silkypix, können die Raws ebenfalls stapelweise bearbeiten, mitunter in verzeichnisübergreifenden Projekten organisieren und in Standardformate wie JPEG, TIFF oder PNG übersetzen. Sie basteln aber weder HTML-Seiten noch Fotobücher und beherrschen mitunter nicht mal das Drucken. Wer sich für diesen Typ entscheidet, muss einige Brüche im Workflow in Kauf nehmen, genießt dafür aber mehr Flexibilität bei der Auswahl von Bildverwaltung und Publishing-Tools. So viel zur Theorie: In der Praxis ist es leider nicht ganz einfach, unterschiedliche Raw-Anwendungen zur Zusammenarbeit zu bewegen.

Idealerweise sollte der Raw-Konverter zumindest die von der Bildverwaltung geschriebenen IPTC/XMP-Daten auslesen können – und umgekehrt. Da keine Anwendung direkt ins Raw schreibt, führt der einzige Weg über die Konvertierung sämtlicher Dateien in Adobes universelles Raw-Format DNG, in das sich auch XMP-Metadaten einbetten lassen – darunter Felder für EXIF und IPTC. Nicht alle Raw-Konverter mögen ihre Metadaten ins DNG schreiben, wodurch bei Verwendung einer externen Bildverwaltung doppelter Aufwand entsteht. Vernünftige Metadatenfilter sowie benutzerdefinierte oder auf einer komplexen Suche basierende Auswahlen fördern nicht nur den Durchblick in wachsenden Fotosammlungen, sondern beschleunigen auch das Bearbeiten: Beispielsweise muss man Bilder abhängig von der ISO-Zahl unterschiedlich stark entrauschen. Mit dynamischen und statischen Selektionen, Markierungen und Bewertungen merkt man Fotos bequem für bestimmte Bearbeitungsschritte, Projekte oder Aktionen wie Löschen, Drucken, Feinbearbeitung et cetera vor.