Friedensnobelpreis für iranische Frauenrechtlerin Narges Mohammadi

Die inhaftierte Narges Mohammadi gehört zur Bewegung von Frauen, die im Iran für grundlegende Rechte kämpfen. Nun erhält sie den Friedensnobelpreis.

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Narges Mohammadi

(Bild: Ill. Niklas Elmehed © Nobel Prize Outreach)

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  • dpa
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Die inhaftierte Frauenrechtsaktivistin Narges Mohammadi aus dem Iran wird in diesem Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet. 20 Jahre nach der Auszeichnung ihrer Landsfrau Schirin Ebadi bekommt Mohammadi den prestigeträchtigen Preis "für ihren Kampf gegen die Unterdrückung der Frauen im Iran und ihren Kampf für die Förderung der Menschenrechte und der Freiheit für alle". Das gab das norwegische Nobelkomitee am Freitag in Oslo bekannt. Mohammadi ist die 19. Frau, die mit dem Friedensnobelpreis geehrt wird, und die zweite aus dem Iran.

Schon seit ihrer Zeit als Studentin vor rund drei Jahrzehnten habe Mohammadi ein Leben mit einem "kalkulierten Risiko" geführt, sagte die Vorsitzende des Nobelkomitees, Berit Reiss-Andersen, bei der Preisbekanntgabe. Ihr mutiger Kampf sei mit enormen persönlichen Kosten einhergegangen, insgesamt 13 Mal sei sie festgenommen und 5 Mal verurteilt worden. Die Strafen beliefen sich zusammengenommen auf 31 Jahre Gefängnis und 154 Peitschenhiebe.

Reiss-Andersen machte deutlich, dass der Nobelpreis auch die gesamte Bewegung würdige, die unter dem Slogan "Frau, Leben, Freiheit" Hunderttausende Menschen im Protest auf die iranischen Straßen gebracht hat.

Mohammadi zählt zu den bekanntesten Menschenrechtsaktivistinnen im Iran. Aktuell verbüßt die 51-Jährige eine langjährige Haftstrafe im berüchtigten Ewin-Gefängnis in Teheran. Ende 2022, während der landesweiten Aufstände gegen Irans Machtapparat, brachte Mohammadi einen Bericht ans Licht, der mutmaßliche Folter an Dutzenden Frauen im Hochsicherheitsgefängnis aufdeckte.

Aus der Haft heraus schaffte sie es immer wieder, Interviews für internationale Medien zu geben oder Briefe zu veröffentlichen. "Je mehr von uns sie einsperren, desto stärker werden wir", war ihre Botschaft in einem Gastbeitrag in der "New York Times", der zum ersten Jahrestag des Todes der jungen iranischen Kurdin Jina Mahsa Amini im September veröffentlicht wurde.

Auch diesmal schien sie es zu schaffen, trotz ihrer Inhaftierung mit der Außenwelt zu kommunizieren. "Ich werde nie aufhören, für die Verwirklichung von Demokratie, Freiheit und Gleichheit zu kämpfen", zitierte die "New York Times" aus einem Statement. Sie werde weiter "gegen die unerbittliche Diskriminierung, Tyrannei und geschlechtsspezifische Unterdrückung durch die repressive religiöse Regierung kämpfen, bis die Frauen befreit sind".

Es war unklar, ob die Erklärung von Mohammadi selbst stammte oder von ihrer Familie veröffentlicht wurde. Offen blieb auch, ob und wie sie die Nachricht von ihrer Auszeichnung erhalten hat: Der norwegische Rundfunksender NRK berichtete, Mohammadi habe noch nicht außer Landes telefonieren dürfen, die Neuigkeit aber "auf eine Weise" im Gefängnis überbracht bekommen.

Die Aufstände im Iran waren im September 2022 durch den Tod von Amini ausgelöst worden. Islamische Sittenwächter hatten die damals 22-Jährige wegen eines angeblich nicht richtig getragenen Kopftuchs festgenommen. Was genau danach geschah, ist bis heute ungeklärt - letztlich fiel Amini ins Koma und starb in einem Krankenhaus. Vor allem junge Menschen gingen in der Folge gegen die repressive Politik der islamischen Führung auf die Straße. Die Proteste wurden gewaltsam niederschlagen, sieben Männer hingerichtet. Als Zeichen des stillen Protests ignorieren bis heute viele Frauen die Kopftuchpflicht.

Aus aller Welt wurde Mohammadi gratuliert. "Trotz aller persönlicher Entbehrungen und Ihrer eigenen Inhaftierung erheben Sie weiterhin Ihre Stimme gegen die Unterdrückung der Frauen", würdigte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier. Irans Regierung nannte die Auszeichnung Mohammadis ein "parteiisches und politisch motiviertes Vorgehen", das mit "anti-iranischer" Politik einiger europäischer Länder im Einklang stehe.

Schon im Vorjahr war mit dem Belarussen Ales Bjaljazki ein in Haft sitzender Vorkämpfer für die Menschenrechte unter den Preisträgern gewesen. Er hatte den Friedensnobelpreis damals gemeinsam mit den Menschenrechtsorganisationen Memorial aus Russland und Center for Civil Liberties aus der Ukraine erhalten.

(mki)