Gründer des Hacking Team verhaftet: Verdacht des Mordversuchs

David Vincenzetti soll auf eine Angehörige eingestochen haben. Die Polizei hat 195 Messer gefunden.​

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 13 Kommentare lesen
Verschiedene Messer auf einer Stellage

Das Symbolbild zeigt zum Verkauf feilgebotene Messer in einem Geschäft.

Lesezeit: 2 Min.

David Vincenzetti, Mitgründer der verruchten Spyware-Firma Hacking Team, ist in Haft. Dies berichten italienische Medien. Er wurde demnach am Samstag in Mailand unter dem Verdacht des versuchten Mordes verhaftet. Vincenzetti soll auf die Ehefrau seines Cousins eingestochen und diese erheblich verletzt haben.

Laut Berichten suchte die Frau den 56-jährigen Vincenzetti in seiner Wohnung im Zentrum Mailands auf, um mit ihm zu sprechen und ihn zu beruhigen. Der Mann soll zuletzt durch Aggressionen und Alkoholmissbrauch aufgefallen sein. Als Vincenzettis Cousin seine Ehefrau am Handy nicht erreichen konnte, wählte er den Notruf. Die Einsatzkräfte eilten zu der Wohnung, wo sie die Frau mit Stichwunden in der Brust samt schwerer Verletzung der Lunge vorfanden.

Sie ist inzwischen außer Lebensgefahr, aber weiterhin im Spital. Sie wird voraussichtlich 40 Tage benötigen, um sich zu erholen. Bei der Durchsuchung der Wohnung hat die Polizei nicht weniger als 195 Messer sichergestellt. Der Haftrichter hat eine psychiatrische Untersuchung des Tatverdächtigen, für den die Unschuldsvermutung gilt, angeordnet.

Vincenzetti gründete 2003 gemeinsam mit Valeriano Bedeschi in Mailand das Unternehmen Hacking Team. Es vertrieb, ähnlich wie die NSO Group oder FinFisher, Software für IKT-Angriffe und Überwachung – einige Jahre lang mit großem Erfolg. Zu den Kunden zählten Behörden und Unternehmen. Hacking Team zählte auch Staaten mit zweifelhafter Menschenrechtssituation zu seinen Kunden.

2015 fiel Hacking Team selbst einem Hack zum Opfer, in dessen Zuge es zu einem massiven Vertrauens- und Kundenverlust kam. Spionage-Werkzeuge, Sourcecode sowie interne Unterlagen des Unternehmens wurden geleakt; kurz darauf folgte auch noch die Veröffentlichung von mehr als einer Million vertraulicher E-Mails durch Wikileaks.

Hacking Team verschwand, trotz Ankündigungen eines geplanten Neustarts, in der Versenkung – und wurde erst im April 2019 wieder sichtbar, als die Überwachungsfirma InTheCyber das Unternehmen zum größten Teil aufkaufte und beide Firmen unter dem Namen Memento Labs zusammenführte. 20 Prozent gingen an einen anonymen saudi-arabischen Investor. Vincenzetti stieg aus.

Im Mai 2020 erklärte der Ex-CEO seine Spionagesoftware-Firma für "endgültig tot". Im selben Jahr landete Memento Labs auf der Liste der 20 größten Feinde des Internet, nach damaliger Einschätzung von Reporter ohne Grenzen.

(ds)