Media Convention Berlin: SPD fordert Digitalsteuer

Zur Eröffnung der Berliner Medienkonferenz forderte SPD-Politikerin Malu Dreyer die strenge Regulierung von Internetkonzernen.

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Media Convention Berlin: SPD fordert Digitalsteuer

Malu Dreyer fordert zum Auftakt der Media Convention merh Regulierung im Netz.

(Bild: heise online/Kleinz)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Torsten Kleinz
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Mit einer neuen Durchsetzung des Wettbewerbs-Rechts und Digitalsteuern will die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) die Vorherrschaft der US-Internetkonzerne im öffentlichen Diskurs einschränken. Die Sozialdemokratin kündigte auf der Media Convention Berlin, die parallel zur Digital-Konferenz re:publica stattfindet, verschärfte Anstrengungen für eine schnell wirksame Regulierung an.

Dreyer zeichnete kein schönes Bild des öffentlichen Diskurses insbesondere auf Online-Plattformen. Man habe sich dran gewöhnt, dass Konzerne wie Facebook, Twitter und Google der öffentlichen Diskussion ihre Form vorgäben, sagte die SPD-Politikerin. Dabei trügen die Unternehmen aber eher ihrem Gewinn und nicht wirklich den Bürgerrechten ihrer Nutzer Rechnung. Sie ließen es zu, dass Wahlen über Fake-News-Kampagnen beeinflusst würden. Jetzt sei es dringend notwendig, einen Kurswechsel einzuleiten.

"Wir brauchen eine demokratische Agenda für das Netz", forderte Dreyer in Berlin. Lange überfällig sei zum Beispiel eine Digitalsteuer, mit der die US-Konzerne dazu gebracht werden sollen, einen Mindestanteil ihrer Gewinne auch in europäischen Ländern zu versteuern. "Wir können nicht akzeptieren, dass Internet-Unternehmen keinen Beitrag zur Finanzierung des Gemeinwesens leisten", sagte Dreyer.

Dreyer begrüßte ausdrücklich die Forderung von US-Senatorin Elizabeth Warren nach einer Zerschlagung der großen Digitalkonzerne. Dennoch will Dreyer nicht auf die USA warten. Als Beispiel nannte sie die Milliarden-Bußgelder, die die EU-Wettbewerbshüter in den vergangenen Monaten gegen Google verhängt hatten. "Wir haben in Europa ein sehr gutes Kartell- und Wettbewerbsrecht – wir müssen es nur anwenden", erklärte Dreyer. So wäre es für alle von Vorteil, wenn beispielsweise Facebook mit WhatsApp und Instagram konkurrieren müsse.

Dreyer, die auch Vorsitzende der Rundfunkkommission der Länder ist, würde gerne wesentliche Elemente des deutschen Rundfunksystems auf das Internet übertragen und fordert dabei, auch tief in das Geschäftsmodell von Google, Facebook und Co eingreifen. Künftig solle es Suchmaschinen nicht mehr völlig selbst überlassen bleiben, welche Inhalte sie ihren Nutzern präsentieren. Stattdessen will Dreyer sie dazu verpflichten, ihren Nutzern bevorzugt "Public Value"-Inhalte zu präsentieren.

Welche Inhalte dem öffentlichen Wohl dienen und somit bevorzugt behandelt werden sollen, wollte die Politikerin aber nicht klar definieren. Es sei zu kurz gegriffen, nur die öffentlich-rechtlichen Angebote unter diesen Begriff zu fassen. Auf die Frage, ob die von der rheinland-pfälzischen Regierung geplante Redaktion für Regierungs-Inhalte ebenfalls zur bevorzugten "Public Value"-Katgorie gehören soll, wollte sich Dreyer nicht festlegen. Man müsse sich in dieser Frage an der Gesetzgebung des Bundesverfassungsgerichts orientieren.

Gleichzeitig forderte Dreyer verschärfte Anstrengungen, die Datenhoheit der Bürger wieder herzustellen. "Was fehlt ist die ePrivacy-Verordnung – sie muss in diesem Jahr vorangetrieben werden", meint Dreyer. Die Ministerpräsidentin äußerte sich auch positiv über das von SPD-Chefin Andrea Nahles vorgeschlagene Daten-für-alle-Gesetz, mit dem der allgemeine Zugang zu nicht-personalisierten Daten wie Baustelleninformationen geregelt werden soll. Hier arbeite man aber derzeit noch an einem konkreten Vorschlag.

Dreyer will einerseits die Äußerungsrechte der Bürger stärken. Individuellen Nutzer wie Letsplay-Streamern sollen von der Anmeldepflicht als Rundfunkanbieter ausgenommen werden. Gleichzeitig will sie jedoch die Plattformen stärker in die Pflicht nehmen, die dafür Sorge zu tragen hätten, dass beispielsweise werbliche Inhalte eindeutig gekennzeichnet oder jugendgefährdende Inhalte gesperrt werden. Auch die zunehmende Anwendung von Techniken wie Künstlicher Intelligenz müsse staatlich begleitet werden.

Freiheit im Internet sei sehr wichtig, sagte Dreyer: "Aber darf es soweit gehen, dass einzelne die Macht über die Algorithmen haben und damit andere unterwerfen?" (vbr)