Netzwerkausrüster zur Weltfunkkonferenz: EU soll 6-GHz-Band komplett WLAN widmen

Eine exklusive Zuweisung des Frequenzbereichs für drahtloses Internet ist laut Lancom entscheidend für den kostengünstigen Zugang zu neuen digitalen Diensten.

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(Bild: Devenorr/Shutterstock.com)

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In der Telekommunikationsbranche steigt vor der Weltfunkkonferenz 2023 (WRC-23), die vom 20. November bis 15. Dezember in Dubai über die Bühne geht, die Spannung. Auf den Treffen der Internationalen Fernmeldeunion (ITU), die in der Regel alle vier Jahre stattfinden, werden die Weichen für die weltweite Nutzung der ständig knappen Frequenzen immer wieder neu gestellt. Ein Schwerpunkt liegt dabei dieses Jahr auf der weiteren Öffnung des Spektrums für drahtloses Internet. Michael Müller, Leiter WLAN und Switches beim Würselener Netzwerkausrüster Lancom Systems, drängt im Vorfeld darauf, in der EU das gesamte 6-GHz-Band exklusiv für die lizenzfreie WLAN-Nutzung zuzuweisen.

"In Dubai geht es in den nächsten Wochen um sehr viel", führt Müller aus. 2021 ebnete die EU-Kommission zwar bereits den Weg für die lizenzfreie Nutzung des unteren 6-GHz-Bands durch schnelles drahtloses Internet. Dabei handelte es sich um den Bereich zwischen 5945 und 6425 MHz. Insgesamt stellte die EU dort 480 MHz zusätzliches Spektrum zur Verfügung, um die Netzüberlastung zu reduzieren und so die tatsächliche Geschwindigkeit zu erhöhen. Möglich machen soll dies die Standardergänzung Wi-Fi 6E, die das 5-GHz-Funkband nach oben erweitert. Sie stellt zusätzliche Funkkanäle bereit, sodass sich WLAN-Systeme in dicht besiedelten Gegenden besser aus dem Weg gehen können, was Bandbreitenreserven schafft.

Damit habe sich das bis dato in Europa nutzbare WLAN-Spektrum verdoppelt, lobt Müller diesen Schritt hin zur "drahtlosen Gigabitgesellschaft". Wi-Fi 6E ermögliche ganz neue Einsatzszenarien etwa bei Echtzeitanwendungen wie Augmented und Virtual Reality, bei denen die rechenintensive Verarbeitung von Bildern von einer Datenbrille oder einem Headset auf leistungsfähige Server ausgelagert werden könne. Im Unternehmensbereich dürfte sich die Nutzung des 6-GHz-Frequenzbereichs zudem als "Innovationstreiber für viele neuartige Anwendungen etwa im Bereich der Robotik" in der Produktion erweisen.

Die Branche könne sich damit aber nicht zufriedengeben, mahnt der Lancom-Manager: "Der Konnektivitätsbedarf steigt kontinuierlich und kann in Zukunft nur gedeckt werden, wenn auch weitere Frequenzbereiche für WLAN freigegeben werden." Um das volle Potenzial des drahtlosen Internets freizusetzen und mit der technologischen Entwicklung global Schritt zu halten, müsse die EU handeln und das 6-GHz-Band komplett auf der WRC-23 für Wi-Fi verfügbar machen. Dies sei entscheidend für den kostengünstigen Zugang zu digitalen Diensten, die im privaten Bereich, in Unternehmen sowie im öffentlichen Sektor einschließlich des Bildungs- und Gesundheitsbereich ständig zunähmen. Da im WLAN immer nur ein Nutzer pro Zeiteinheit Daten störungsfrei übertragen könne, sei für eine schnelle Übertragung "zwingend mehr Bandbreite nötig". Dies gelte vor allem in Umgebungen mit hoher Nutzerdichte wie Schulen, Hörsälen oder Fußballstadien.

Die "Rohde & Schwarz"-Tochter Lancom ist mit dieser Forderung nicht allein. Schon im Juni appellierte ein breites Bündnis aus Netzbetreibern, Hardwareherstellern und Verbänden an die EU-Staaten, das 6-GHz-Band in Dubai nicht für die Mobilfunknutzung zu reservieren und stattdessen für WLAN verfügbar zu machen. Aber auch die Mobilfunkbranche erhebt Anspruch auf die begehrten Frequenzen, weil sie "für die Zukunft der globalen Vernetzung essenziell" seien, wie der Branchenverband GSMA betont. Die ambitionierten Konnektivitätsziele der EU bis 2030 ließen sich am besten mit 5G erreichen. Auch der untere 6-GHz-Bereich solle dafür umgewidmet werden. Die USA, Kanada und Südkorea haben dagegen schon das gesamte Band (5925 bis 7125 MHz) im Umfang von 1200 MHz für WLAN geöffnet.

(olb)