Pünktlich zur Heizsaison: Abzocke mit Heizgeräten

Dubiose Händler versuchen Ahnungslose zum Kauf überteuerter "Wunderheizgeräte" zu locken. Die Geräte sind jedoch billiger Ramsch.

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Werbung für ein billiges Heizgerät

Mit mehr oder minder geschmückten Websites und Falschbehauptungen versuchen moralbefreite Verkäufer zum Kauf überteuerter Billiggeräte zu überreden.

(Bild: SmartEco/Screenshot, Andrijan Möcker)

Lesezeit: 4 Min.
Von
  • Andrijan Möcker
Inhaltsverzeichnis

Die Heizsaison beginnt und gerade in Deutschland, das in puncto Energie eines der teuersten Länder der Welt ist, wird das Thema Sparen beim Heizen jedes Jahr aufs neue aktuell. Das scheinen auch einige Händler ohne moralischen Kompass auf dem Schirm zu haben, denn derzeit häufen sich wieder die Werbeanzeigen für vermeintliche Energiesparwunder im Netz. An vielen Stellen wird arglistig getäuscht.

SmartEco, EcoHeat, SafeHeat, Deutsche Mini-Wandheizung – so oder so ähnlich taufen die Verkäufer Elektroheizgeräte, die sie etwa über YouTube-Anzeigen bewerben. Begleitet werden die Angebote von überzogenen Behauptungen: Deutsche oder schwedische Ingenieure hätten eine bahnbrechende Entdeckung gemacht, um deutlich effizienter mit Elektrizität zu heizen und würden die Wunderheizer jetzt mit unglaublichen Rabatten verkaufen.

Die Anzeigen der Verkäufer deuten mal mehr, mal weniger deutlich auf Abzocke hin. Das uns untergekommene Werbevideo von SmartEco fällt zwar etwas durch seine künstliche Stimme auf, die Website ist jedoch vergleichsweise gut gemacht. Sie lobt das Gerät in höchsten Tönen, betont nochmal die "innovative Heiztechnologie, die mit weniger Energie optimal arbeitet" und versucht einen mit sieben "Kauf mich"-Buttons zu überzeugen.

Das hier in der YouTube-Werbung propagierte Geheimnis ist keines und der Heizlüfter im Bild hat in puncto Effizienz keine Chance gegen eine Wärmepumpe.

(Bild: Youtube/Screenshot, Andrijan Möcker)

Tatsächlich könnte man hier als gutgläubiger und physikalisch wenig bewanderter Mensch glauben, dass es sich um ein gutes Angebot handelt. Schließlich mutet das Gerät wertig an und das Deutsch auf der Seite ist nicht schlecht, lediglich etwas merkwürdig. Außerdem wurde das Gerät laut Laufzeile bereits bei NBC, USAToday, FOX, CBS News und weiteren größeren US-amerikanischen Fernsehsendern erwähnt. 1.204 Bewertungen mit 4,5 Sternen untermalen den positiven Eindruck weiter. Tatsächlich ist das schwer zu glauben. Technische Daten, wie man sie bei einem Elektrogerät erwarten würde, sowie ein Impressum, fehlen auf der Website.

Der Preis der Geräte bewegt sich meist zwischen 30 und über 100 Euro. Happige 84 Euro soll man für einen SmartEco blechen; wer gleich zwei, drei oder vier nimmt, zahlt "nur" noch 53, 44 beziehungsweise 40 Euro pro Heizlüfter. Die vorgeblich lebenslange Zusatzgarantie für 10 bis 25 Euro ist natürlich auch gleich mit im Warenkorb.

Was die angeblichen Wunderheizgeräte tatsächlich wert sind, kann man in vielen Fällen schnell ermitteln: Sucht man auf der asiatischen Großhandelsplattform Alibaba nach "space heater", findet man nach grob drei Mal scrollen einen gleich aussehenden Heizlüfter der Firma "Jieyang Meisite Technology Co., Ltd." aus Jieyang City in der chinesischen Provinz Guangdong. Das Gerät ist tatsächlich ein PTC-Keramik-Heizlüfter mit 1200 Watt Ausgangsleistung.

Der asiatische Großhändler Alibaba offenbart die Abzocke: Der 84 Euro teure SmartEco ist in Wirklichkeit ein Gerät, das im Einkauf weniger als 7 Euro kostet.

(Bild: Alibaba/Screenshot, Andrijan Möcker)

Nimmt man zwischen 2 und 1999 Stück ab, kostet das Gerät 6,90 US-Dollar – exklusive Versand, Zoll und Steuern. Ähnliches gilt für die "Deutsche Mini-Wandheizung" und vergleichbare Stecker-Heizgeräte mit 400 bis 800 Watt Ausgangsleistung. Die Geräte kosten selbst bei kleineren Stückzahlen nur zwischen 4 und 10 US-Dollar; bei größeren Stückzahlen fällt der Preis pro Gerät zum Teil unter 2 US-Dollar.

Was den Verkäufern riesige Gewinne bescheren kann, wird für Ahnungslose leicht zur Kostenfalle: Laut Statistischem Bundesamt kostete die Kilowattstunde Strom für deutsche Privathaushalte im ersten Halbjahr 2023 im Durchschnitt 42,29 Cent. Die Kilowattstunde Erdgas lag bei 12,26 Cent und Öl ungefähr im selben Preisbereich.

Weil die Geräte typische Lüfter mit Keramikheizelement sind, wie es sie seit den 1980er Jahren gibt, machen sie auch nichts anderes außer Strom verheizen. Die angegebenen 1200 Watt elektrische Energie werden also, abzüglich der Ventilatorleistung, in etwas weniger als 1200 Watt Heizleistung umgewandelt. Läuft das Gerät zehn Stunden pro Tag, kosten 180 Tage heizen rund 900 Euro – für nur einen Raum. Ab vom finanziellen Faktor sind 1200 Watt Heizleistung gerade in älteren Bauten, etwa großen Altstadtwohnungen mit hohen Decken, häufig ein Tropfen auf dem heißen Stein. Meist findet man dort Radiatoren mit Leistungen im oberen einstelligen Kilowattbereich.

Kurzum: Finger weg. Es gibt tatsächlich wirksame Optionen, um die Rechnung am Jahresende zu senken: Smarte Heizkörperthermostate etwa sind ein erster Schritt, um gezielter und damit kostenschonender zu heizen. Soll die Heizung gleich komplett neu, sind Wärmepumpen womöglich spannend; sie gewinnen mittels elektrischer Energie Wärme aus der Umgebungsluft und sind so sehr effizient.

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