Satelliten-Internet: EU-Parlament für milliardenschwere Starlink-Alternative

Bis 2027 will die EU 170 Satelliten ins All schicken, um eine "sichere Konnektivität" mit "strategischer Autonomie" zu gewährleisten. Die Kosten sind hoch.

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(Bild: CG Alex/Shutterstock.com)

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Mit sehr großer Mehrheit fast ohne Gegenstimmen und Enthaltungen hat das EU-Parlament am Dienstag im Plenum in Straßburg für eine Verordnung gestimmt, auf deren Basis die Gemeinschaft bis 2027 ein eigenes Satelliten-Internet aufbauen soll. Ziel der vorgesehenen "Infrastruktur für Resilienz, Interkonnektivität und Sicherheit durch Satelliten" (IRIS2) ist es, Breitbandnetze auf der Erde zu ergänzen und zu einer "nahtlosen digitalen Kommunikation" beizutragen. Zugleich will die EU mit dem rund sechs Milliarden Euro teuren System unabhängig werden von kommerziellen Alternativen wie Starlink von Elon Musks US-Konzern SpaceX oder OneWeb, das mittlerweile hauptsächlich von Europa aus vorangetrieben wird.

Die Infrastruktur soll aus einem Boden- und einem Weltraumsegment bestehen und bis zu 170 Satelliten in niedriger Erdumlaufbahn (LEO) umfassen, während private Megakonstellationen auf tausende Mini-Cubes setzen. Dem Plan nach sind die ersten staatlichen Dienste bis 2024 und die ersten kommerziellen Services bis 2027 verfügbar. IRIS2 soll zwar Eigentum der EU sein, um deren "strategische Autonomie" in diesem Bereich zu gewährleisten, aber im Rahmen einer öffentlich-privaten Partnerschaft errichtet und betrieben werden. Als große europäische Konzernpartner könnten etwa Eutelsat, Arianespace und Thales Alenia Space fungieren.

Im Rahmen des Programms für "sichere Konnektivität" stehen insgesamt 2,4 Milliarden Euro parat, die unter anderem dem EU-Weltraumprogramm, Horizont Europa und weiteren Fördertöpfen stammen. Die restlichen 3,6 Milliarden Euro soll der Privatsektor beisteuern. Das System werde die EU vor allem im Bereich der Regierungskommunikation souverän machen in einer Welt, in der Bedrohungen der Cybersicherheit gerade "nach der russischen Aggression gegen die Ukraine" immer mehr an Bedeutung gewinnen, heißt es beim Parlament. So sollen etwa staatliche Dienste für den Schutz kritischer Infrastrukturen, die Lageerfassung und die Unterstützung des auswärtigen Handelns und des Krisenmanagements bereitgestellt werden. Jüngst drohten Russland und China Starlink wegen der Ukraine-Hilfe.

Auch die Bürger profitieren laut der Vorlage, da die Initiative das Internet "in die am wenigsten vernetzten Gebiete" der Mitgliedsstaaten bringe. Es sollen "Hochgeschwindigkeits-Breitbandnetze" in der gesamten EU bereitgestellt werden. Bandbreiten werden nicht genannt. Dazu kommt die Pflicht, die langfristige Verfügbarkeit eines weltweiten ununterbrochenen Zugangs zu sicheren und kosteneffizienten Satelliten-Kommunikationsdiensten sicherzustellen. Drittstaaten und internationale Organisationen sollen über Assoziierungsabkommen angeschlossen werden können. Weiteres Anliegen ist es, innovative Technologien einzuführen sowie einen wettbewerbsfähigen Raumfahrtsektor in der EU unter Einbezug kleiner und mittlerer Unternehmen wie "New Space"-Akteure zu unterstützen

Bei IRIS2 sollen Synergien mit anderen Komponenten des EU-Weltraumprogramms wie Galileo (Satellitennavigation) und Copernicus (Erdbeobachtung) sowie mit Kapazitäten zur Weltraumlageerfassung berücksichtigt werden. Die Abgeordneten setzten gegenüber dem Ministerrat und dem ursprünglichen Vorschlag der EU-Kommission durch, dass die Umweltbestimmungen des Systems gestärkt werden: Es soll zu einem Vorbild für Nachhaltigkeit werden, mit Vorkehrungen, um die Verbreitung von Weltraummüll und der Lichtverschmutzung zu verhindern sowie den CO₂-Fußabdruck zu kompensieren.

(mho)