"Stellt alles auf den Kopf": Galaxien wie die Milchstraße dominierten Kosmos

Bisher war man davon ausgegangen, dass Galaxien wie unsere Milchstraße eher jung sind. Das Weltraumteleskop James Webb zeigt nun, dass das gar nicht stimmt.

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Teleskop vor Sternenhimmel

Die Milchstraße über dem Observatorium La Silla

(Bild: ESO/S. Brunier)

Lesezeit: 2 Min.

Spiralgalaxien wie unsere Milchstraße sind offenbar deutlich früher entstanden, als bisher angenommen und im Universum insgesamt zehnmal so häufig, wie bislang gedacht. Das wurde im Rahmen einer jetzt vorgestellten Analyse mit dem Weltraumteleskop James Webb entdeckt. Der Fund stelle alles auf den Kopf, was wir über die Herausbildung und Verteilung von Galaxien im Kosmos wissen, schreibt das verantwortliche Forschungsteam. Weil dieser Galaxientyp gleichzeitig auch noch als besonders günstig für die Entstehung von Leben eingestuft wird, könnte die Entdeckung sogar Folgen für unsere Suche nach außerirdischem Leben haben, heißt es noch. Insgesamt seien neue Theorien und Ideen zur Beschreibung der Evolution von Galaxien nötig.

Auf Basis der Beobachtungen des Weltraumteleskops Hubble sei man davon ausgegangen, dass scheibenförmige Spiralgalaxien in den ersten sechs Milliarden Jahre nach dem Urknall "quasi nicht existent" waren, fasst Christopher Conselice von der Universität Manchester den bisherigen Forschungsstand zusammen. Der Professor für extragalaktische Astronomie ist Mitautor der Studie. Hubbles Nachfolger verschiebe diese Grenze nun fast bis zum Anfang des Kosmos. Das widerspreche allem, was man zur Verteilung von Galaxien im Universum zu wissen geglaubt habe. Bislang habe man gedacht, dass dieser Galaxientyp anfangs extrem selten war, weil Kollisionen mit anderen Galaxien deren Struktur zerstört haben sollte. Jetzt zeige sich aber, dass Galaxien der Form unserer eigenen die häufigsten überhaupt sind.

Klassifiziert hat das Forschungsteam für die Arbeit fast 4000 Galaxien, die das Weltraumteleskop James Webb in einem Zustand sieht, wie sie innerhalb der ersten vier Milliarden Jahre nach dem Urknall ausgesehen haben. 1672 davon seien scheibenförmige Galaxien gewesen, darunter fallen die Spiral- und die Balkenspiralgalaxien. Im Vergleich zu den sogenannten elliptischen und irregulären Galaxien scheinen sie damit während der gesamten Existenz des Universums ungefähr gleich häufig gewesen zu sein. Angesichts dieser überraschenden Erkenntnis müsse unser Verständnis von der Entstehung und Entwicklung der Galaxien komplett neu gedacht werden. Auch für unser Bild der sogenannten Dunklen Materie habe das neue Bild folgen. Vorgestellt wird die Studie im Astrophysical Journal.

(mho)