Huawei lässt gegen AVM vollstrecken und gewinnt gegen Amazon

AVMs FritzOS-Updates waren nicht vorsorglich, sondern notwendig, um die Fritzboxen weiter verkaufen zu dürfen.

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(Bild: AVM)

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Huawei hat von seiner Option Gebrauch gemacht, ein erstinstanzliches Gerichtsurteil gegen AVM vorläufig vollstrecken zu lassen. AVM hat neue FritzOS-Versionen veröffentlicht und vermeidet damit einen Verkaufsstopp, weil die neue Software nach eigener Darstellung das fragliche Patent umgeht.

Bisher gingen wir davon aus, dass AVM die FritzOS-Updates vorsorglich veröffentlicht hätte, zur zusätzlichen Absicherung. Golem berichtete zuerst über die vorläufige Vollstreckung, die uns ein Huawei-Sprecher ebenfalls bestätigte. In einer Stellungnahme geht Huawei auch auf einen kürzlich gewonnenen Fall gegen Amazon ein:

"Huawei begrüßt beide Urteile, die die Qualität und den kommerziellen Wert des Wi-Fi-Portfolios von Huawei bestätigen und belegen, dass die Lizenzierungspraxis von Huawei den FRAND-Grundsätzen (Fair, Reasonable and Non-Discriminatory) entspricht.

Huawei und andere Organisationen haben den Wi-Fi-Standard durch langfristige Investitionen geschaffen. Eine faire Kompensation ist notwendig, um den Standard weiter voranzubringen.

Wir sind sehr enttäuscht, dass AVM sich weigert, Huawei oder dem Wi-Fi-Patentpool angemessene Lizenzgebühren zu zahlen, selbst nachdem das Gericht unsere Patent- und Lizenzierungspraxis bestätigt hat. Die Durchsetzung der gerichtlichen Verfügung trägt dazu bei, dass die Entwickler der Wi-Fi-Technologie ihre Arbeit fortsetzen können. Die Vollstreckung wird keine Auswirkungen auf Verbraucher:innen haben, die bereits AVM-Geräte gekauft haben.

Wir werden weitere Optionen in Bezug auf Amazon prüfen, je nachdem wie das Unternehmen auf die Urteile reagiert."

Das betroffene Patent EP3337077 beschreibt Signalfelder beim Orthogonal Frequency Division Multiple Access (OFDMA). Diese Wi-Fi-6-Signalisierungsfelder zeigen an, ob das Datenpaket an einen oder mehrere Clients gehen soll, etwa Smartphones oder Notebooks.

AVM hat mit seinen FritzOS-Updates Anpassungen an den Signalfeldern vorgenommen. Für deutsche Kundinnen und Kunden ändert sich so erst einmal nichts – alle Fritzboxen bleiben im Handel.

Huawei muss für die vorläufige Vollstreckung eine Sicherheitszahlung hinterlegen, weil die nächsthöhere Instanz das Urteil aufheben könnte. Die Summe ist unbekannt, liegt aber sicherlich in Millionenhöhe.

Auf einer Webseite rund um WLAN-Patente schreibt Huawei, dass eine Lizenz für das eigene Wi-Fi-6-Patentportfolio üblicherweise 50 Cent pro verkauftes Gerät kostet. Für die Patente anderer Firmen oder neuerer WLAN-Standards (Wi-Fi 7) müsste AVM gegebenenfalls separat bezahlen.

Die Anhörung gegen Amazon lief Mitte Dezember (Aktenzeichen 7 O 10988/22), wie schon beim AVM-Fall am Landgericht München I. Dort ist Huawei offensichtlich erfolgreicher als am Landgericht Düsseldorf, das ähnliche Klagen gegen Netgear abgeschmettert hat.

Bei der Amazon-Klage geht es um das Wi-Fi-6-Patent EP3334112. Laut Juve Patent hat Huawei auch hier die Möglichkeit, das Urteil vorläufig vollstrecken zu lassen. Dafür soll eine Sicherheitssumme von 4,5 Millionen Euro erforderlich sein. Amazon dürfte dann seine Eero-Router mit Wi-Fi 6(E) und Wi-Fi 7 in der jetzigen Form nicht mehr in Deutschland verkaufen, darunter der zuletzt vorgestellte Eero Max 7.

AVM hat bereits Berufung gegen das Urteil des Landgerichts München eingelegt und zudem eine Nichtigkeitsklage beim Bundespatentgericht eingereicht. Anhörungstermine wurden noch nicht anberaumt. AVM sieht laut eigener Aussage gute Chancen, gegen Huawei zu gewinnen. Amazon dürfte ebenfalls weitere Rechtsmittel einlegen.

Update

Ausführungen zum Patent EP3337077 ergänzt.

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